Wir befinden uns am Rand eines Waldes. Naja, ein richtiger Wald war es nicht. Eher eine Birkenverjüngung am Rande einer großen Wiese, wo die Balzplätze der Birkhähne sein sollen. Pjotr wies uns ein und ging dann in nahegelegenen Wald um Abwurfstangen von Elchen zu sammeln.

Nach 19 Jahren stehe ich also wieder auf einem Schnepfenstrich, ich denke an den Tag mit meinem Onkel zurück, während ich meine über 50 Jahre alte Flinte in der Hand halte. Wahrscheinlich hat diese noch nie eine Schnepfenjagd miterlebt und während ich so vor mich hinträume, kommen schon die ersten Schnepfen mit ihrem unverkennbaren Gesang auf uns zu. Eine war direkt vor mir, so schnell konnte ich gar nicht reagieren, wie sie da und wieder weg war. Da war wieder eine und noch eine. Unglaublich, wie schnell sie sind. Es ist ein wunderschönes Erlebnis, auch wenn man nicht zu Schuss kommt.

Der erste Doppelschuss kommt rechts von mir – von Stefan. Ich sehe die Schnepfe weiterstreichen. Und zwar direkt auf mich zu! Ich lege an und warte bis sie näher dran ist. Erster Schuss daneben, zweiter Schuss daneben. Hervorragend, wir überzeugen mit Leistung. Dann herrscht Ruhe. Kein „kwork“, nichts. Nur durch die dicken Wolken können wir den roten Schleier der untergehenden Sonne sehen. Die Wolken malen eine einmalige Szenerie. Während ich diese einmalige Stimmung genieße, höre ich plötzlich ein „kwork, kwork“ hinten mir. Ich drehe mich um und sehe zwei Schnepfen. Ich lege schnell an und drücke ab. Nach dem zweiten Schuss waren sie am Rand des Waldes und ich war mir nicht sicher, ob ich getroffen habe. Für mich ist die Jagd für heute zu Ende und ich gehe zu der Stelle, wo ich die Schnepfen zum letzten Mal sehen konnte und suche nach. Da kommt Stefan, der inzwischen auch noch ein paar Mal geschossen hatte, leider auch ohne Erfolg (er jagt mit seinem Bockkombinierer, also war es nicht gerade leicht für ihn). „Du musst nicht suchen, sie ist unverletzt weitergestrichen,“ meldet er. Uff, das freut mich und ich bin erleichtert keinen Fehler gemacht zu haben. Der erste Abend ist vorbei und wir beide sind voll von Erlebnissen müde ins Bett gefallen.


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