Anders sieht es aus, wenn Jungtiere kränklich und orientierungslos herumirren. Wenn ein Rehkitz lautstark fiept oder ein sehr kleiner Feldhase nicht in der Sasse sitzt, sondern auf der Straße umher hoppelt, ist das meist ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt. Hier ist ein kritischer zweiter Blick nötig. Aus ausreichend großer(!) Entfernung, sollte beobachtet werden, ob die Mutter nicht doch noch zurückkehrt. Jungtiere von Füchsen oder Dachsen sind manchmal auf ihren ersten Erkundungstouren allein außerhalb des Baus anzutreffen. Dies bietet ebenfalls keinen Anlass zur Sorge. Bedenklich ist es erst, wenn beispielsweise ein einzelner Fuchswelpe auf der Straße herum läuft. Dann sollte man wiederum die Situation für kurze Zeit beobachten, ob die Fähe ihren abtrünnigen Jungspund nicht doch noch einsammelt. Ist dies nicht der Fall, kann in Absprache mit dem Jagdausübungsberechtigten eine Aufnahme in menschliche Obhut erfolgen. Eventuell weiß dieser auch, ob vor kurzem in seinem Revier ein Muttertier beispielsweise bei einem Autounfall zu Tode gekommen ist. Leider kommt es häufiger vor, dass nach einem Verkehrsunfall die Jungtiere verwaist zurück bleiben oder Muttertiere aus anderen Gründen tot aufgefunden werden. Auch dann ist es wieder eine Einzelfallentscheidung, die bei jagdbarem Wild nur zusammen mit dem zuständigen Jäger getroffen werden darf. Bei Arten, die in Familienverbänden leben, kommt es nämlich manchmal vor, dass Verwandte sich der Jungtiere annehmen. Wenn die Jungtiere groß genug sind, kann auch unter Umständen draußen geeignetes Futter bereitgestellt werden.

Wildtierstationen stehen in solchen Fällen gerne beratend zur Seite und können die Aufzucht übernehmen, falls dies nötig sein sollte. Grundsätzlich lassen sich hier jedoch keine Pauschalaussagen treffen. Eine Entscheidung ist immer abhängig von Art und Alter der Tiere, den Fundumständen sowie den örtlichen Gegebenheiten. Entgegen der landläufigen Meinung ist das Fachwissen um die Aufzucht von Wildtieren mittlerweile so umfangreich, dass fast alle heimischen Arten in menschlicher Obhut erfolgreich aufgezogen und wieder ausgewildert werden können.

Foto: Alena Steinbach


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