Weißt du noch, als ich dir (mal wieder) nicht traute, denn ich hatte ja genau gesehen, wohin das beschossene Stück abgesprungen war? Immer wieder zogst du in die andere Richtung und ich schimpfte wie ein Rohrspatz mit dir. Am Ende hast du dich durchgesetzt. Natürlich. Mit Philipp am anderen Ende der Leine. Dieses Erlebnis brachte auch euch beide näher, denn die nächsten zwei Tage straftest du mich mit Nichtachtung.

Je älter du wurdest, umso klarer war einfach durch deine Ausstrahlung, dass du der König bist.

In meinen Augen warst du ja sowieso der schönste Hund der Welt. Der Klügste, Beste, Tollste. Ohne Zweifel war, dass sowohl Carlo als auch später Edgar dir niemals würden das Wasser reichen können. Carlo fügte sich seinem Schicksal, er zweifelte deine Herrschaft auch nie an, warum auch. Carlo und du, ihr wart beste Freunde. Du warst es, der ihn aus seiner Welt in unsere holte, der ihm zeigte, dass er vertrauen könnte. Edgar wollte es wissen. In seinem jugendlichen Leichtsinn forderte er dich heraus. Immer wieder. Lernen durch Schmerzen, nicht schön, aber die Butter hast du dir nie vom Brot nehmen lassen.

Wenn ich daran denke, wie du auf dem Sofa sitzt, neben mir, aufrecht, fast majestätisch, eine Pfote auf meinem Knie, aufmerksam, damit dir auch ja nichts entgeht und du im rechten Moment vielleicht eingreifen könntest- um die Welt zu retten, Edgar in seine Schranken zu weisen oder einfach die Käserinde vom Teller zu stibitzen.

Ich kannte dich in und auswendig.

An der Art deines Bellens im Treiben konnte ich hören, ob du Sauen jagtest oder dir mit Rehwild die Zeit vertriebst. Du kanntest mich in und auswendig. An der Art, wie ich auf dem Flur auf und ab ging und die Treppe rauf und runter hörtest du, ob ich Wäsche hin und her trug, sauber machte oder ob ich eine Tasche packte, weil wir eine Ausfahrt machten.

War dies der Fall, so gab es für dich kein Halten mehr. Wie ein Brummkreisel sprangst du auf und ab und legtest dich in meine Tasche, damit ich dich auch ja nicht vergesse. Später hörte das Springen auf, dafür zogst du die Luft unter der Tür so vehement ein, dass ich Angst hatte, auf dem Flur würde ein Vakuum entstehen. Ich vermisse dieses Geräusch.

Ich vermisse das Geräusch, das mich so viele Jahre fast in den Wahnsinn trieb, wenn wir mit dem Auto zusammen in den Wald fuhren. Dein latent unterschwelliges leises Piepsen, das weder durch Anschreien, Androhung von Gewalt oder dem Aussetzen im nächstbesten Tierheim aufhörte.


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