Wir lassen unsere Frauen mit den Kindern zu Hause und müssen uns schnell umziehen, um rechtzeitig im Revier zu sein. Endlich! Ich liebe die Augenblicke, wenn ich mich mit Thomas auf zur Jagd mache – egal ob bei uns oder bei ihm. Schon sitzen wir im Auto und Thomas erzählt mir, dass er einen älteren Bock kennt, auf den wir heute ansitzen werden. Früher im Jahr stand er regelmäßig bei einem alten Hochstand, leider hat Thomas ihn längere Zeit nicht in Anblick bekommen. Egal, wir haben noch einige Pirschen vor uns, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Das Auto lassen wir auf der Forststraße stehen und machen uns auf den Weg zum alten Hochstand. Er steht in einem alten Tannen- und Fichtenbestand mit starker Buchenverjüngung. Direkt vor uns verläuft ein alter Waldweg – wenn ich sehe, wie dicht die Buchenverjüngung ist und wie schnell die Buche hier wächst, dann ist es mir klar, dass dieser bald im Bestand verschwunden sein wird.

Obwohl wir nicht die Damen sind, setzen sich unsere Gespräche auch hier intensiv fort. Sechs Monate haben wir uns nicht gesehen, inzwischen ist Vieles passiert. Langsam geht die Sonne unter, die Schatten der Bäume werden immer länger. Trotzdem sind die Vögel noch immer lauthals am Singen, als hätte ihr Gesang am jetzt endenden Tag noch nicht alles gesagt, was sie eigentlich sagen wollten. Allmählich werden auch sie leiser, der Gesang hört langsam auf. Im letzten Licht sehen wir plötzlich eine Bewegung vor uns auf dem Weg - was war das? Ohne Fernglas können wir das Stück nicht ansprechen. Ist es „unser“ Bock? Oder doch ein anderer? Nun stehen dort sogar zwei Stücke. Thomas sagt nichts, er greift nur zu seinem Spektiv. Kann er so spät damit noch gut sehen? „Das linke Stück ist Dein Bock! Aber vorsichtig, das rechte ist eine Gais!“ dirigiert mich Thomas. Schon vor dieser Ansage hatte ich die Büchse bereitgelegt und die beiden Stücke durch das Zielfernrohr beobachtet. Alles klar, aber das linke Stück steht mit dem Spiegel zu mir und es wird immer dunkler und dunkler. Der Bock steht immer noch spitz von uns weg. Plötzlich merke ich, dass irgendetwas nicht passt, das rechte Stück springt sogar ab! Unser Bock holt Wind… und dreht sich dafür ein bisschen zur Seite. Damit zeigt er mir kurz sein Blatt! Das reicht mir, um einen sauberen Schuss abzugeben: Der Bock bricht zusammen und bleibt im Feuer. Im selben Moment spüre ich, dass Thomas mir auf den Rücken klopft und mir Waidmannsheil wünscht -was für ein Auftakt!


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