Optikkolumne: Wie funktioniert ein Zielfernrohr
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Optikkolumne: Wie funktioniert ein Zielfernrohr

Text Dr. Helke Karen Hesse
Bilder Dr. Helke Karen Hesse & Jagd-Team Nordschleswig

Wir alle besitzen eines oder mehrere, sie sind von unseren Waffen gar nicht mehr wegzudenken - die Rede ist von Zielfernrohren, aber wie funktionieren sie eigentlich und welches Glas eignet sich am besten für welche Jagdart? Alles rund um das Zielfernrohr von der Geschichte, über Aufbau, Funktion und Kauftipps finden Sie in dieser Ausgabe startenden Optikkolumne von Dr. Helke Karen Hesse.

Geschichte und einfache Grundlagen

Das Zielfernrohr gehört für den Jäger zum unverzichtbaren täglichen Handwerkszeug. Die wesentliche Forderung sind das saubere Ansprechen des Wildes unter beliebigen Umweltbedingungen, eine hohe Wiederholgenauigkeit des Treffpunktes und eine einfache, fehlersichere Bedienbarkeit. Erst wenn der Kauf eines neuen Produktes ansteht, beginnt man sich zu fragen, worauf es bei der Auswahl zu achten gilt. Testberichte werden gelesen, das Internet wird durchsucht, Produktkataloge zu Rate gezogen, Freunde gefragt, und schließlich der Büchsenmacher des Vertrauens um Rat gebeten, bei der Auswahl, Montage und dem Einschießen zu unterstützen. Neutrale Berichte, detaillierte, markenunspezifische Informationen, Fachwissen über das Zusammenspiel verschiedener Kenngrößen sowie detaillierte Beschreibungen der häufig verwendeten Fachbegriffe sind dabei schwer oder gar nicht zu bekommen. Das soll durch diesen ersten und die weiteren folgenden Artikel geleistet werden: Theoretisches und praktisches Wissen über Zielfernrohre, ihre Funktionsweise, wichtige Entscheidungskriterien für den Einsatz des Zielfernrohres, Qualitätsmerkmale, und die physikalischen Grenzen, die bei der Entwicklung von Zielfernrohren gelten.

In diesem ersten Teil und dem nachfolgenden zweiten Teil soll es zunächst um die allgemeine Frage gehen, wie ein Zielfernrohr prinzipiell funktioniert. Dies ist Grundlage für alle weitergehenden Fragen.

Fernrohre gehören zu den so genannten afokalen optischen Systemen. Das sind Systeme, die keinen Brennpunkt im Endlichen aufweisen. Anschaulich bedeutet das, dass die parallel einfallenden Lichtstrahlen erst durch die Linse im menschlichen Auge gebündelt und auf der Netzhaut zu einem realen Bild geformt werden. Schon Galileo Galilei und Johannes Kepler beschäftigten sich Anfang des 17. Jahrhunderts mit der Entwicklung und dem Bau von astronomischen Fernrohren. Das Galileische Prinzip, eine Sammellinse und eine zerstreuende Linse deren Brennpunkte aufeinanderliegen, ist durch geringe Sehfelder beschränkt, findet aber aufgrund der äußerst kompakten leichten Bauweise noch heute unverändert Anwendung in medizinischen Fernrohrbrillen.

Fernrohre gehören zu den so genannten afokalen optischen Systemen. Das sind Systeme, die keinen Brennpunkt im Endlichen aufweisen. Anschaulich bedeutet das, dass die parallel einfallenden Lichtstrahlen erst durch die Linse im menschlichen Auge gebündelt und auf der Netzhaut zu einem realen Bild geformt werden. Schon Galileo Galilei und Johannes Kepler beschäftigten sich Anfang des 17. Jahrhunderts mit der Entwicklung und dem Bau von astronomischen Fernrohren. Das Galileische Prinzip, eine Sammellinse und eine zerstreuende Linse deren Brennpunkte aufeinanderliegen, ist durch geringe Sehfelder beschränkt, findet aber aufgrund der äußerst kompakten leichten Bauweise noch heute unverändert Anwendung in medizinischen Fernrohrbrillen. (Abb. 1)

Abbildung 1: Das Galileische Prinzip

Das Keplersche Fernrohr, bei dem mit dem Objektiv ein Zwischenbild erzeugt wird, welches durch ein Okular vergrößert betrachtet wird, hat den Nachteil eines auf dem Kopf stehenden Bildes. Für astronomische Beobachtungen wird diese Bauweise noch heute verwendet, da die Orientierung des Bildes bei der Betrachtung des Sternenhimmels nur von untergeordneter Bedeutung ist. (Abb. 2)

Abbildung 2: Das Keplersche Prinzip

Aufbauend auf dem Keplerschen Prinzip wurde durch die zusätzliche Verwendung eines Umkehrsystems zur Bildaufrichtung der Grundstein für die modernen terrestrischen Fernrohre und Zielfernrohre gelegt. Alle modernen Zielfernrohre sind nach den gleichen optischen und mechanischen Grundprinzipien aufgebaut. Unterschiede liegen vor allem in der Anzahl der Linsen, der Wahl der Brennweiten der einzelnen Komponenten, den Durchmessern, den Glasmaterialien, der Beschichtung der Linsen, den Materialien der mechanischen Komponenten und natürlich der optischen Korrektur und den erreichten Fertigungstoleranzen.

Abbildung 3: Die Abbildung in einem Zielfernrohr

In jedem Zielfernrohr wird durch das Objektiv ein auf dem Kopf stehendes Zwischenbild in der ersten Bildebene erzeugt. (Abb. 3) Das Objektiv besteht mindestens aus einer Linse, meistens aber aus einer Einzellinse und einem so genannten Kittglied, bei dem zwei Linsen aus verschiedenen Glasmaterialien zur Farbkorrektur durch einen optischen Feinkitt miteinander verbunden werden. Zusätzlich kann eine so genannte Fokussierlinse – in Zielfernrohren meist als Parallaxelinse bezeichnet - zur Einstellung der Entfernung vorhanden sein. Diese wird entlang der optischen Achse verstellt, um das Bild für Ziele in unterschiedlicher Entfernung scharf einzustellen.

Das auf dem Kopf stehende Zwischenbild wird dann durch das Umkehrsystem wieder aufgerichtet in die zweite Bildebene abgebildet. In der ersten oder zweiten Bildebene, bei einigen Zielfernrohren auch in beiden Bildebenen, befinden sich Zielmarken, so genannte Absehen. Über die Eigenschaften der Absehen in den verschiedenen Bildebenen wird zu einem späteren Zeitpunkt noch gesprochen werden.

In dem in Abbildung 3 dargestellten Zielfernrohr folgt nach der ersten Bildebene zunächst eine feststehende Sammellinse, die Feldlinse, zur Streckung des Vergrößerungsfaktors und anschließend die beiden beweglichen Umkehrlinsen, hier ebenfalls Kittglieder, durch deren axiale Bewegung in Zielfernrohren mit variabler Vergrößerung eben diese eingestellt wird. In den beiden Schnittbildern ist dies gut zu erkennen. Das obere Bild zeigt das Zielfernrohr auf kleinster Vergrößerung, die Umkehrlinsen stehen nahe an der zweiten Bildebene, und das gesamte Zwischenbild aus der ersten Bildebene wird nahezu 1:1 in die zweite Bildebene abgebildet. Das untere Bild zeigt das Zielfernrohr auf größter Vergrößerung, die beiden Umkehrlinsen stehen nahe an der ersten Bildebene, und ein kleiner Bildausschnitt des Sehfeldes wird (vergrößert) auf die gesamte zweite Bildebene abgebildet. Bei Zielfernrohren mit großen Zoombereichen steht am Ende des Umkehrsystems vor der zweiten Bildebene noch eine weitere streuende Linse, die so genannte Barlowlinse, durch die der Vergrößerungsbereich ebenfalls gestreckt wird.

Zu den Themen Sehfeld und Vergrößerung wird es einen gesonderten Themenschwerpunkt geben.

Das aufgerichtete Zwischenbild wird dann mit dem Okular, wie durch eine Lupe, vergrößert betrachtet. Typische Okulare bestehen ähnlich wie das Objektiv aus einer Einzellinse und einem Kittglied. Der Augenabstand wird dabei durch die Lage der Austrittspupille vorgegeben. Auch auf diese Zusammenhänge wird einem späteren Teil noch einmal genauer eingegangen.

Zusammengefasst lässt sich das Grundprinzip der optischen Abbildung in einem Zielfernrohr in dem Schema in der Abbildung 4 darstellen.

Abbildung 4: Das optische Grundprinzip in einem Zielfernrohr

Nachdem nun der optische Aufbau soweit bekannt ist, können die mechanischen, funktionellen Teile, beispielsweise die Dioptrienverstellung, die Absehenverstellung, der Vergrößerungswechsel, aber auch die Parallaxeverstellung und die Beleuchtung beschrieben werden. Dies wird im nächsten Teil thematisiert werden.

Nachdem nun der optische Aufbau soweit bekannt ist, können die mechanischen, funktionellen Teile, beispielsweise, wie in Abbildung 5 dargestellt, die Dioptrienverstellung, die Absehenverstellung für Höhe und Seite, der Vergrößerungswechsel, aber auch die Parallaxeverstellung und die Beleuchtung beschrieben werden.

Abbildung 5:Funktionale Teile des Zielfernrohrs

Auf die elementaren, mechanischen Funktionsprinzipien wird im nächsten Teil der Optikkolumne eingegangen werden. Anhand von Schnittbildern wird dann gezeigt und erklärt, wie die mechanischen Teile mit der Optik zusammenspielen, um die gewünschten Funktion des Zielfernrohres zu erreichen.


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