Des Jägers Recht: Gemeinsame Waffenbesitzkarte – geht das?
Wissen

Des Jägers Recht: Gemeinsame Waffenbesitzkarte – geht das?

Text Sandra E. Pappert

Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit einem Exoten – der gemeinsamen Waffenbesitzkarte. Gemeinsame Waffenbesitzkarte?- fragen Sie sich jetzt. Ja, diese gibt es wirklich. Sie ist in § 10 WaffG normiert. Aber wie verhält es sich nun mit den Sorgfalts- und Aufbewahrungspflichten? Wie immer erläutern wir die damit verbundenen Probleme an einem Beispiel aus der Rechtsprechung.

Katja und Konstantin sind Jäger. Am 12. April 2014 fand die Polizei bei Walther in W eine Pistole, welche Konstantin gehörte.

Die zuständige Waffenbehörde führte am 17. April 2014 im Haus von Katja und Konstantin eine unangekündigte Kontrolle der sicheren Aufbewahrung von Waffen durch. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass in einem Kellerraum Waffen offen aufbewahrt wurden. Langwaffen wurden offen in einem Gewehrständer stehend aufbewahrt, Kurzwaffen und Munition nebeneinander offen in einem Regal. In diesem Kellerraum befand sich ein normales Kellerfenster mit Gitterstäben. In einer Waffenbesitzkarte von Katja waren am 17. April 2014 fünf Langwaffen und eine Kurzwaffe eingetragen. Unter „Amtliche Eintragungen“ war als weiterer Berechtigter für alle in dieser WBK eingetragenen Waffen Konstantin eingetragen. Am 18. April 2014 erwarb Katja laut Eintragung in der WBK zwei weitere Langwaffen. Für diese war kein weiterer Berechtigter eingetragen.

In den WBKs von Konstantin war unter „Amtliche Eintragungen“ als weitere Berechtigte für alle Langwaffen Katja eingetragen. Katja und Konstantin stockte der Atem. „Oh, wir werden jetzt gemeinschaftlich angehört.“ Katja nahm dies sodann in die Hand und ließ mit Schreiben vom 8. Juli 2014 u.a. mitteilen, dass sie von Konstantin erfahren habe, die Waffenkammer sei in Ordnung und genehmigt. Nach Einbau der Schutztür im Jahr 2014 habe Konstantin seine und ihre Langwaffen offen in eine Halterung gestellt. Katja habe erst am Tag der Durchsuchung erfahren, dass die Waffenkammer noch nicht genehmigt sei. Sie sei gutgläubig gewesen. Ein Verschulden ihrerseits scheide somit aus. Die Kurzwaffe und die Munition von Katja seien immer in dem Waffenschrank bzw. in einem der Waffenschränke im Waffenraum eingeschlossen gewesen.

Die zuständige Waffenbehörde widerrief sodann mit Bescheid sämtliche waffenrechtlichen Erlaubnisse von Katja und erklärte zudem ihren Jagdschein für ungültig. Katja konnte es nicht fassen was sie da lesen musste:

„Sehr geehrte Frau Z., im Rahmen der unangekündigten Waffenkontrolle...Ihre Langwaffen wurden in einem behördlich nicht zugelassenen Waffenraum aufbewahrt. Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass im Falle gemeinschaftlicher Aufbewahrung Sie sich grundsätzlich Verstöße der anderen Person zurechnen lassen müssen. Angaben Ihres Ehemannes zur Genehmigung der Waffenkammer hätten Sie zunächst verifizieren müssen, bevor Sie Ihre Waffen fort aufbewahrt hätten…und so weiter.“ Katja stockte der Atem: „Und nun?“

Katja wollte dies nicht auf sich sitzen lassen. „Der Bescheid muss aus der Welt und will endlich meinen Jagdschein zurück“, schimpft sie.

Katja ließ letztlich Klage gegen diesen Bescheid führen.

„Ich habe doch meine Waffen und die Munition in den beiden Tresoren verschlossen, die noch in dem Waffenraum gestanden haben aufbewahrt. Ich bin doch nicht für die Aufbewahrung der Waffen von Konstantin verantwortlich. Konstantin hat immer betont, dass der Waffenraum bereits abgenommen sei. Zugegeben, ich habe keinen Bescheid gesehen, habe ich habe meine Waffen in den beiden abgeschlossenen Tresoren belassen und die Schlüssel waren in meinem Besitz. Ich habe dafür Zeugen!“

Konstantin räumte im Rahmen der Gerichtsverhandlung sodann ein, dass er ohne Wissen von Katja deren Waffen über Nacht gereinigt und zum Trocknen in der „Waffenkammer“ aufbewahrt habe. Dort seien sie auch noch bei der Kontrolle am 17. April 2015 gewesen. Konstantin hatte mit aller Macht versucht, sich vor seine Frau zustellen, war er es doch, der wenn überhaupt, auch nach seiner Ansicht etwas falsch gemacht hatte.

Katja ließ weiter vortragen. Konstantin hatte bereits vor zwei Jahren die Abnahme des Waffenschrankes beantragt. Diese Abnahme sei nicht erfolgt, aber auch nicht notwendig. Katja konnte das ganze Gehabe ohnehin nicht verstehen, da sie doch nur dazu verpflichtet sei, gegenüber der zuständigen Waffenbehörde den Waffenraum anzuzeigen.

„Ich war aber davon ausgegangen, dass der Waffenschrank abgenommen ist und habe dennoch meine Waffen in den Tresoren aufbewahrt. In den Tresoren befanden sich nur meine Waffen und ich war im Besitz der Schlüssel.

Eine gemeinsame Aufbewahrung der Waffen der Klägerin und ihres Ehemannes habe nicht vorgelegen. Konstantin ist mein Ehemann, er war aufgrund seines Jagdscheines und der häuslichen Gemeinschaft berechtigt gewesen, jederzeit Zugriff auf meine Waffen zu nehmen. Die Eintragung als Mitbesitzer in die Waffenbesitzkarte sei auf Ratschlag des Sachbearbeiters der Waffenbehörde erfolgt, damit jeder Ehepartner jederzeit die Waffen des anderen führen könne. § 10 Abs. 2 WaffG gebe nur eine Berechtigung, nicht aber die Verpflichtung zur Aufbewahrung, wenn der Eigentümer und unmittelbare Besitzer den Besitz ausübe. Nur dieser sei für die Aufbewahrung verantwortlich. „Ich muss mir doch wohl nicht die Schlamperei von Konstantin zurechnen lassen?“, fragte sich Katja. Das zuständige Verwaltungsgericht, VG Regensburg, Urteil vom 25. November 2015 – RO 4 K 14.1958, meinte im Ergebnis: „Doch! Das müssen Sie sich, Katja.“ Katja wollte es nicht glauben, als sie die Entscheidungsgründe weiter studierte.

Der angegriffene Bescheid war nicht aufzuheben, da Katja gegen Aufbewahrungsvorschriften verstoßen hat und deshalb als waffen-​, jagd- und sprengstoffrechtlich unzuverlässig zu werten ist. Die Unzuverlässigkeit ist nachträglich eingetreten, weshalb sämtliche waffenrechtlichen Erlaubnisse nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen waren und der Jagdschein gem. § 18 Satz 1 BJagdG einzuziehen war.

Katja war zumindest in den Waffenbesitzkarten, welche auf ihren Ehemann ausgestellt wurden, unter „Amtliche Eintragungen“ als weitere Berechtigte für alle Langwaffen eingetragen. Es handelt sich demnach insoweit um gemeinsame Waffenbesitzkarten (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 WaffG, Nr. 10.6 WaffVwV). Das Gericht führte insoweit aus:

„(…) Zentrale Voraussetzung für die Erteilung einer gemeinsamen Waffenbesitzkarte ist nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WaffG, dass es sich um Schusswaffen handelt, welche mehrere Personen besitzen. Eine Waffe besitzt, wer die tatsächliche Gewalt darüber ausübt (vgl. Anlage 1 zum WaffG, Abschnitt 2 Nr. 2). Auf das Eigentum kommt es nicht an. Die Klägerin war daher in gleicher Weise Besitzerin dieser Langwaffen wie ihr Ehemann. Wäre dies nicht so gewesen, hätte sie die Ausstellung von gemeinsamen Waffenbesitzkarten nicht zulassen dürfen. Sie war damit Besitzerin von Langwaffen, welche (wohl) im Alleineigentum ihres Ehemannes standen. (…)“

Zum Zeitpunkt der unangekündigten Waffenkontrolle befanden sich gerade diese Waffen von Konstantin eben gerade nicht in einem Tresor, sondern schlicht in einem Kellerraum im Wohnhaus von Katja und Konstantin. Dies ist Ihnen vorzuhalten, Katja, merkte der Vorsitzende Richter mit Nachdruck an und führte sodann aus:

„(…) Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG hat jeder, der Waffen besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Mit anderen Worten war die Klägerin in gleicher Weise wie ihr Ehemann verpflichtet, die Aufbewahrungsvorschriften einzuhalten. Dies hat sie nicht getan. Die Aufbewahrung der Langwaffen, welche (wohl) im Eigentum des Ehemanns der Klägerin standen und im Mitbesitz beider Ehegatten waren, in diesem Kellerraum entsprach nicht den gesetzlichen Vorschriften. Der Kellerraum hätte als Waffenraum genutzt werden können, wenn er den materiellen Vorschriften genügt und die zuständige Behörde die Nutzung dieses Raumes als Waffenraum zugelassen hätte (§ 13 AWaffV). Nicht ausreichend ist, wenn lediglich die Nutzung als Waffenraum angezeigt oder beantragt wird. Es bedarf der ausdrücklichen Erlaubnis der Behörde (…).“ „Eben diese ausdrückliche Erlaubnis lag nicht vor“, schlussfolgerte Katja leise beim Durchlesen der Entscheidungsgründe.

Die Unterbringung der Langwaffen in diesem Kellerraum ohne vorherige behördliche Erlaubnis stellt eine nicht sachgemäße Aufbewahrung dieser Waffen dar. Das Verwaltungsgericht sprach harte Worte: „(…) Für die ordnungsgemäße Aufbewahrung dieser, auch in ihrem Besitz befindlichen Waffen, im gemeinsamen Wohnhaus, ist die Klägerin selbst verantwortlich (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Sie kann sich nicht dadurch entlasten, dass sie sich nunmehr auf ihre Gutgläubigkeit gegenüber ihrem Ehemann oder auf ihre Fehlinformation durch den Ehemann beruft. Wer selbst für die ordnungsgemäße Aufbewahrung verantwortlich ist, hat selbst die Maßnahmen zu ergreifen, welche hierfür erforderlich sind. (…) Die Klägerin hat im Zusammenhang mit der Aufbewahrung dieser Langwaffen eigenes Fehlverhalten gezeigt. Dieses reicht aus, um die Unzuverlässigkeit der Klägerin zu begründen. Ob darüber hinaus auch hinsichtlich der Waffen, die (wohl) in ihrem Eigentum standen, ein Fehlverhalten der Klägerin vorliegt, ist für diese Entscheidung nicht mehr erheblich. (…)“ Katja suchte für sich nach einem Argument…sie sei doch schon seit Jahren Jägerin und jetzt soll bereits ein einmaliger Verstoß ausreichen, ihr alles zu entziehen?

„Ja“, urteilte das Verwaltungsgericht: „(…) Ein (auch nur einmaliger) Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften rechtfertigt die Annahme, dass jemand auch künftig Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren werde (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG).

Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung. Bei den Aufbewahrungsvorschriften, gegen die die Klägerin verstoßen hat, handelt es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften, welche der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen und das unbefugte An-​sich-​nehmen von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, darf ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinn bereits einmal versagt, ist schon allein dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. (…) Die Prognose, dass die Klägerin Waffen auch künftig nicht sorgfältig, d.h. entsprechend den gesetzlichen Vorschriften verwahren wird, fällt daher zu ihren Ungunsten aus.(…)“

Und die Konsequenz: Katjas Jagdschein und die WBK waren weg!


Laden...