Des Jägers Recht: Aufgepasst! Die falsche Schilderung des Schadenshergangs und seine rechtlichen Folgen…es kann teuer werden
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Des Jägers Recht: Aufgepasst! Die falsche Schilderung des Schadenshergangs und seine rechtlichen Folgen…es kann teuer werden

Text Sandra E. Pappert

Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit der Problematik der Abwicklung von Schadenfällen im Rahmen der Jagdhaftpflichtversicherung. Höchstes Augenmerk ist dabei darauf zu richten, dass die Schilderung des Schadenherganges wahrheitsgemäß erfolgt, warum? Das schildere ich Ihnen - wie immer - an einem Beispiel aus der Rechtsprechung.

Der Fall:

Jonas verlangt aus seiner Jagd-​Haftpflichtversicherung Deckungsschutz. Jonas hat im Jahr 2007 die Jägerprüfung bestanden und sonach ein Jagdhaftpflichtversicherung bei der X-Versicherung abgeschlossen. Laut den Versicherungsbedingungen war ihm auch das „Halten von nicht geprüften Jagdhunden“ gestattet. Nach Abschluss des Vertrages legte sich Jonas einen weiteren ungeprüften Jagdhund, einen Deutsch Drahthaar, zu und zeigte dies der X-Versicherung an.

Ende 2008 meldete Jonas einen Schadensvorfall vom 04.12.2008 und benannte die geschädigte Person. Jonas hatte dabei den nachfolgenden Sachverhalt vorgetragen: „Am Nachmittag des 04.12.2008 kam es in einem Jagdrevier zu einem Schadenereignis, das meine Hunde verursacht haben. Nach Beendigung der Gesellschaftsjagd hatte ich meine beiden Hunde an der Leine geführt. Die Geschädigte, Hannah, war als Treiberin an der Gesellschaftsjagd zugegen. Ich weiß auch nicht, wie es passieren konnte, aber plötzlich rissen sich meine Hunde von der Leine und jagten ein über die Wiese wechselndes Reh.

Aufgrund der Leine war Petra mit einer Linksdrehung zu Boden gestürzt hatte sich einen Meniskus- und einen Bänderabriss zugezogen. Wegen dieses Unfallereignisses machte Hannah gegen Jonas ein Schmerzensgeld in Höhe von € 10.000,00 zuzüglich Kosten von € 324,22 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 775,64 gerichtlich geltend; außergerichtlich war keine Einigung erzielt worden.

Jonas Rechtsanwalt war mit der Verfahrensführung nicht sehr glücklich, musste er doch zweimal den vorgetragenen Sachverhalt korrigieren: Zum einen geschah der Unfall wohl bereits am 3.12.2008 und zum anderen trug sich der Schadenfall auch völlig anders dar. Richtig sei nämlich gewesen, dass er Petra bereits vor der Jagd die Hunde übergeben hatte. Der Versicherungsmakler von Jonas habe die Schadensanzeige ausgefüllt und er lediglich diese unterzeichnet, ohne sie nochmals gelesen zu haben.

Die beklagte X-Versicherung warf sodann Jonas vor, dass er eine etwaige Obliegenheitsverletzung für Umfang und Feststellung des Versicherungsfalls begangen habe. Die X-Versicherung sei daher von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden. Die falschen Angaben hätten insoweit erheblichen Einfluss auf die Leistungspflicht gehabt. Jonas habe nicht nur vorsätzlich, sondern arglistig gehandelt. Gleich welche Unfallschilderung hätte unterschiedliche Haftungsfolgen mit sich gebracht. Nach der zunächst geschilderten Variante wäre von der alleinigen Tierhalterhaftung von Jonas ohne Entlastungsmöglichkeit auszugehen gewesen. In der später geschilderten Variante wäre Petra als Tieraufseherin anzusehen und eine Anspruchskürzung wäre schon deshalb in Betracht gekommen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 23.11.2012 der Klage der X-Versicherung stattgegeben.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe urteilte mit Urteil vom 06. Juni 2013 – 12 U 204/12, wiederum zu Gunsten der X-Versicherung. Das OLG gelangte zu der Auffassung, dass der Deckungsschutz von der Jagdhaftpflichtversicherung zu Recht versagt wurde. Die X-Versicherung sei von ihrer Leistungsverpflichtung freigeworden, weil Jonas seine

„(…) Obliegenheit zur Abgabe wahrheitsgemäßer Schadensberichte vorsätzlich und arglistig verletzt hat. (…)“.

Jonas hatte eingeräumt, dass er in der Schadenanzeige und in der Klageschrift vorsätzlich falsche Angaben zum Schadenshergang gemacht habe. Dort war angegeben worden, dass sich der streitgegenständliche Jagdunfall so ereignet habe, dass Jonas selbst seine beiden Hunde an der Leine geführt habe und diese sich - als ein Reh vor ihnen aufgesprungen sei - losgerissen und Petra umgerissen hätten. Zudem hatte er zugegeben, dass die Hunde bereits vor der Jagd von ihm bei Petra abgegeben worden seien.

Im Hinblick darauf, dass die X-Versicherung an Petra lediglich eine A-Konto-Zahlung in Höhe von € 1.000 erbracht habe, so das OLG, könne nach

„(...) der Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich der Versicherer bei einer vorsätzlichen folgenlosen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nur dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel."

Das OLG nahm ein erhebliches Verschulden von Jonas an. „(…) Es genüge nämlich, dass der Verstoß des Versicherungsnehmers generell geeignet ist, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden (…).

Im weiteren führte das OLG aus, dass

„(…) das Verhalten des Klägers zumindest generell geeignet war, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die beiden dargestellten Geschehensvarianten haftungsrechtlich unterschiedlich zu bewerten sind. Bei der zunächst geschilderten Variante ist dem Grunde nach ohne weiteres von einer Tierhalterhaftung des Klägers nach § 833 BGB auszugehen gewesen und ein Mitverschulden liegt eher fern. Bei der zuletzt vom Kläger eingeräumten Variante hingegen kommt ernsthaft in Betracht, die Geschädigte als Tieraufseherin im Sinne des § 834 S. 1 BGB zu behandeln. Ist jedoch der Aufseher selbst der Verletzte, haftet der Tierhalter zwar auch nach § 833 BGB, jedoch wird das Mitverschulden des Tieraufsehers vermutet. Der Tieraufseher hat sich gemäß § 834 S. 2 BGB zu entlasten (…). Fehlen andere Anhaltspunkte haften beide je zur Hälfte (…).Damit stellt sich der gegen den Kläger geltend gemachte Haftpflichtanspruch zum Nachteil der mit dessen Abwehr oder Befriedigung belasteten Beklagten in wesentlichen Punkten zu Grund und Höhe anders dar als in der Schadensmeldung geschildert. (…)“

Ob die X-Versicherung Jonas belehrt habe, dass ein obiger Obliegenheitsverstoß zur Leistungsfreiheit führt, oder aber auch nicht, sei unerheblich, da, so das OLG,

„(…) Auch ohne Belehrung wird der Versicherer aber leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht arglistig verletzt hat und deshalb den mit der Belehrungspflicht bezweckten Schutz nicht verdient (…).

Das OLG war im Rahmen seiner Subsumtion zu dem Ergebnis gelangt, dass Jonas arglistiges Verhalten in jedem Falle vorzuwerfen sei und führte insoweit aus: „(…) Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist dagegen nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (…).“

Zudem musste es Jonas nur „(…) für möglich halten, dass das eigene Verhalten die Entscheidung des Versicherers beeinflusst (…).“

Das Jonas an sich seinem Versicherungsmakler einen anderen Sachverhalt geschildert hatte, und letztlich dem Ratschlag des Versicherungsmaklers blind gefolgt ist, exkulpiert ihn nicht.

„So ein Mist!“, ärgert sich Jonas, als er das Urteil zu Ende gelesen hat. „Jetzt hab ich mir mit diesem tollen Ratschlag den ganzen Versicherungsschutz verwirkt.“


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