Des Jägers Recht: Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis; Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften
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Des Jägers Recht: Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis; Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften

Text Sandra E. Pappert

Der heutige Beitrag widmet sich einmal mehr dem wichtigen Thema der Waffenaufbewahrung. Dahingehende Verstöße führen leicht zum Entzug der waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse. Die rechtlichen Vorschriften gilt es nicht zu unterschätzen, vielmehr sind sie zwingend einzuhalten. Auslegungen sind zwingend zu unterlassen. Aber widmen wir uns nun unserem Fall: Rafael ist seit 40 Jahren Sportschütze und seit 5 Jahren Jäger. Im Rahmen dessen hat er insgesamt 32 Lang- und Kurzwaffen erworben. Alle Waffen wurden in den Waffenbesitzkarten eingetragen und in entsprechenden zugelassenen Behältnissen verwahrt. Wäre da nicht der August 2017 gewesen…. Aber nun von vorne. Rafael hatte zunächst als Sportschütze einen Munitionserwerbsschein, eine Waffenbesitzkarte sowie zwei Europäische Feuerwaffenpässe erhalten, obschon eine rechtskräftige Verurteilung wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung vorlag.

Im Jahr 2011 fand eine Waffenkontrolle ohne Beanstandungen statt: Rafael bewahrte seine Langwaffen in einem Waffenschrank der Sicherheitsstufe A und die Kurzwaffen in einem Waffenschrank der Sicherheitsstufe B auf. Im darauffolgenden Jahr erfolgte eine waffenrechtliche Regelüberprüfung. Eintragungen im Bundeszentralregister lagen nicht vor, aber im zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister: in der Zeit vom 14.10.2009 bis 26.04.2011 waren drei Ermittlungsverfahren gegen Rafael eingeleitet und eingestellt worden - wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigungen. Im Jahr 2014 war gegen Rafael aufgrund Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt worden. Er hatte einen anderen Mann stressbedingt in einer Alltagssituation angegriffen. Im Jahr 2015 bestand Rafael die Jägerprüfung. Er war trotz aller Vorgänge zugelassen worden. Und auch bei der Staatsanwaltschaft war man wieder fündig geworden: ein eingestelltes Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Bedrohung. Die Jagdbehörde erteilte ihm dennoch einen Drei-Jahres-Jagdschein. Zuletzt stellte die Waffenbehörde Rafael eine weitere Waffenbesitzkarte aus. Rafael ergriff die Chance und ließ sich zwei Kurzwaffen für die Jagd eintragen. Die Waffenbehörde teilte Rafael mit Schreiben vom 15.10.2015 mit, dass in dem für die Kurzwaffen vorgehaltenen Waffenschrank der Sicherheitsstufe B dann bis zu 10 Kurzwaffen aufbewahrt werden dürften, wenn ein Eigen- oder Abrissgewicht (durch Befestigung) von mindestens 200 kg vorliege. Rafael teilte entsprechend mit und legte Lichtbilder der Waffenschränke bei.

Die Waffenbehörde zeigte schriftlich an, dass bei einer Waffenaufbewahrung nach vorgenanntem Schreiben keine Bedenken bestünden. Im Jahr 2015 veranlasste die Waffenbehörde erneut eine Regelüberprüfung. Im Bundeszentralregisterauszug war der Strafbefehl aus dem Jahr 2014 eingetragen. Im Juli 2017 ereilte die Rettungsleitstelle ein Notruf einer Frau ein: Rafael sei Jäger und habe angekündigt sich zu erschießen, auch trinke er viel Alkohol. Die Rettungsleitstelle handelte schnell. Rafael verbrachte die Nacht freiwillig in einer Klinik, wurde jedoch am nächsten Tag ohne Bedenken wieder entlassen; die Tresorschlüssel hatten Angehörige von Rafael der Polizei noch in der Nacht vor Ort übergeben; die Waffenbehörde wurde nicht benachrichtigt. Sodann wurde Rafael turnusgemäß auf dessen Zuverlässigkeit hin überprüft. Diesmal wurde Rafael die Verurteilung aus dem Sommer 2014 zum Verhängnis. Die Tat sei infolge einer Stress- und Konfliktsituation erfolgt. Die Waffenbehörde nahm dies daher zum Anlass und bescheinigte Rafael dessen waffen- und jagdrechtliche Unzuverlässigkeit und erließ einen entsprechenden Bescheid zur Sicherstellung der Waffen. Um eine Veräußerung der Schusswaffen vor der Sicherstellung zu ermöglichen, wurde mit der Waffenbehörde ein Termin zur Waffenkontrolle in Rafaels Haus vereinbart. Im Rahmen dieser Kontrolle stellten die Kontrolleure fest, dass es bei vier Waffen Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Eintragung der Seriennummern in die Waffenbesitzkarten. Zudem waren die Kurzwaffen in keinem Waffenschrank Klasse B verwahrt. Die Waffen wurden sodann sichergestellt und Rafael mit Bescheid sämtliche Waffenbesitzkarten widerrufen sowie der Jagdschein für ungültig erklärt und eingezogen. Schließlich hätte für Rafael die Möglichkeit bestanden, allein durch Vorzeigen des Jagdscheines neue Langwaffen zu erwerben. Dieser potentiellen Möglichkeit musste vorgebeugt werden.

Zur Begründung führte die Waffenbehörde im Wesentlichen aus, dass Rafael

(…) die waffenrechtliche Zuverlässigkeit fehle. Es liege ein Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG bzw. gemäß §§ 17, 18 BJG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG vor. Rafael habe in einer Alltagssituation völlig überreagiert. Gerade dieser Umstand sowie dessen leichte Erregbarkeit seien Grundlage für die Annahme, dass Rafael zukünftig mit Schusswaffen leichtfertig umgehe bzw. diese missbrauche, sodass die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit begründet sei. Hinzutreten eine Suizidankündigung unter starkem Alkoholeinfluss, damit bestehe die gesteigerte Gefahr, dass er auch Waffen missbräuchlich verwenden könnte. (…)“

Rafael wollte sich das nicht bieten lassen: „Ich leg Widerspruch ein! Die von den Behörden wussten alles von mir, den Strafbefehl etc. Ich wollte mich auch nicht umbringen! Und derart betrunken mit 1,92 Promille Alkohol war ich auch nicht. Pah! Sollte doch mal ein anderer seine Waffen so sicher lagern wie ich!“ Rafael war auch völlig unbegreiflich, weshalb die Aufbewahrung der Kurzwaffen beanstandet wurde: „Ich fasse es nicht! Die Sachbearbeiter bei der Waffenbehörde hatten mir doch sogar schriftlich versichert, dass alles ok ist. Und die Umlagerung der Kurzwaffen hatte doch kurzfristig nur deshalb erfolgen müssen, weil der Tresor defekt war. Der eingemauerte Wandtresor hat eine enorme Widerstandskraft. Wie soll ich da denn unzuverlässig im Rahmen der Waffenaufbewahrung sein?“, schimpft Rafael. „Ich verstehe das nicht. Mich hat auch keiner belehrt, dass ich abgelaufene Europäische Feuerwaffenpässe hätte abgegeben müssen. Aber auch die Ermittlungsverfahren dürften doch nicht in die Waagschale geworfen werden, die wurden doch alle eingestellt und die Behörde hatte hiervon hinreichende Kenntnis!“, raunte Rafael.

Der Widerspruch wurde zurückgewiesen und Rafael ließ Klage zum Verwaltungsgericht erheben.

Nach langen Wochen des Wartens wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes, Urteil vom 22. Oktober 2019 – 1 K 859/18, zugestellt. Zu Rafaels Erschrecken wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG war die Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, danach nachträglich Tatsachen eintreten sind, die zur Versagung hätten führen müssen.

Das Gericht erläuerte: _ „(…) Nach § 4 Abs. 1 WaffG setzt eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz voraus, dass der Antragsteller das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1 WaffG), die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) und persönliche Eignung (§ 6 WaffG) besitzt, die erforderliche Sachkunde nachgewiesen hat (§ 7 WaffG), 4. ein Bedürfnis nachgewiesen hat (§ 8 WaffG) und 5. bei der Beantragung eines Waffenscheins oder einer Schießerlaubnis eine Versicherung gegen Haftpflicht in Höhe von 1 Million Euro pauschal für Personen- und Sachschäden nachweist. (…)“_

Im Fall von Rafael läge – so das Gericht –

„(…) ein Fall der sogenannten „absoluten“ bzw. „obligatorischen“ Unzuverlässigkeit i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG vor. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG besitzen solche Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. (…)“

Die Voraussetzungen dieser Norm sind im Fall von Rafael erfüllt. Aufgrund der zuletzt durchgeführten Kontrolle ist in seinem Fall die Annahme gerechtfertigt, dass er Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren wird.

(Schuss-) Waffen sind im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG nämlich nur dann sorgfältig verwahrt, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind.

Die Anforderungen an eine sorgfältige Verwahrung sind insbesondere in dem diesen gemäß § 36 Abs. 5 WaffG konkretisierenden § 13 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung näher geregelt.

Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 Waffengesetz hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Um den Schutz i.S.d. § 36 Abs. 1 WaffG zu gewährleisten, müssen Schusswaffen und Munition entsprechend den weiteren Vorgaben des § 36 WaffG in besonders gesicherten Behältnissen aufbewahrt werden.

Das Gericht führte insoweit zu den Anforderungen der Waffenaufbewahrung aus:

„(…) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AWaffV sind u.a. Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sind, ungeladen und in einem Behältnis aufzubewahren, das 1. mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 (Stand Mai 1997, Oktober 2002, Februar 2006, Januar 2010 oder Juli 2012) mit dem in § 13 Abs. 2 AWaffV geregelten Widerstandsgrad und Gewicht entspricht und 2. zum Nachweis dessen über eine Zertifizierung durch eine akkreditierte Stelle gemäß § 13 Abs. 10 AWaffV verfügt. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 4 lit. a AWaffV dürfen bis zu 10 erlaubnispflichtige Kurzwaffen nur in einem Sicherheitsbehältnis aufbewahrt werden, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997, Oktober 2002, Februar 2006, Januar 2010 oder Juli 2012) entspricht und bei dem das Gewicht des Behältnisses mindestens 200 Kilogramm beträgt. (…)“

Unstreitig erfüllte der Tresor, in dem Rafael seine Kurzwaffen zum Zeitpunkt der Kontrolle am 17.08.2017 aufbewahrte, diese Anforderungen nicht. Das Gericht stellte zudem klar, dass zu Gunsten Rafaels ferner kein Bestandsschutz greife.

Zwar enthalte § 36 Abs. 4 Satz 1 WaffG zu Gunsten von Schusswaffenbesitzern, die über Sicherheitsbehältnisse mit überholten technischen Standards verfügen, eine Besitzstandsregelung. Diese Regelung greift allerdings nicht zu Gunsten von Rafael ein. Denn die in § 36 Abs. 4 WaffG regelte Besitzstandswahrung knüpft an eine ununterbrochene Weiternutzung eines der alten Rechtslage entsprechenden Aufbewahrungsbehältnisses an. Eine solche Weiternutzung lag im Fall von Rafael jedoch nicht vor.

Denn: Nach dem über die Waffenkontrolle geführten Protokoll vom 03.11.2011 nach war betreffend die Kurzwaffen von Rafael die Lagerung in einem Behältnis der Sicherheitsstufe B dokumentiert.

Das Gericht konstatierte jedoch:

„(...) dass der Kläger seine Kurzwaffen zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht mehr in einem Behältnis der Sicherheitsstufe B, sondern in einem nicht zertifizierten Tresor aufbewahrte. Daher kann zu seinen Gunsten auch kein Bestandsschutz greifen. (…)“

Zudem habe Rafael für sich keinen Vertrauensschutz aus dem Schreiben der Waffenbehörde vom 15.10.2015 habe herleiten können.

Die Waffenbehörde habe allein darauf hingewiesen, dass diese davon ausgehe, dass Rafael seine Kurzwaffen in einem Schrank der Sicherheitsstufe B aufbewahre und diese Aufbewahrung waffenrechtlich zulässig sei.

Das Gericht erläuterte sodann die Problematik:

„(…) Zwar kann die Waffenbehörde nach § 13 Abs. 6 AWaffV auf Antrag von Anforderungen an Sicherheitsbehältnisse absehen; einen solchen Antrag hat der Kläger jedoch nicht gestellt. In dem Schreiben vom 17.10.2015 hat der Kläger vielmehr lediglich darauf hingewiesen, dass sich nach seiner Auffassung ein nicht näher beschriebener Tresor ebenfalls für die Lagerung der Kurzwaffen eigne und dieses Behältnis, für das keine Zertifizierung gegenüber der Behörde nachgewiesen wurde, „optional“ eingebaut worden sei. Hierin kann allenfalls eine vage Ankündigung eines Waffenschrankwechsels gesehen werden; einen Antrag auf eine Befreiung von den Anforderungen des § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV stellt dies nicht dar.(…)“

Das Gericht machte unmissverständliche deutlich:

„(…) [Der Waffeninhaber] hat von Gesetzes wegen, die Waffenbehörde umgehend über einen Wechsel betreffend die Aufbewahrung seiner Schusswaffen zu unterrichten. Wer erlaubnispflichtige Schusswaffen, Munition oder verbotene Waffen besitzt oder die Erteilung einer Erlaubnis zum Besitz beantragt hat, hat der zuständigen Behörde gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 WaffG die zur sicheren Aufbewahrung getroffenen oder vorgesehenen Maßnahmen nachzuweisen. Ein sachgemäßer Umgang mit Schusswaffen ist bereits dann nicht mehr gegeben, wenn der Schusswaffenbesitzer Schusswaffen unter Verletzung der Anzeige- und Nachweispflicht des § 36 Abs. 3 S. 1 WaffG in einem der Waffenbehörde nicht gemeldeten Behältnis aufbewahrt; dies gilt selbst dann, wenn die Aufbewahrung in einem solchen Behältnis (…) möglich wäre. (…)“

Hierbei ist zu sehen, dass § 36 Abs. 3 WaffG erheblich verschärft und effektiviert worden ist. Der Nachweis der Aufbewahrung stellt nunmehr eine Bringschuld der Schusswaffenbesitzer dar.

Allein der Verstoß gegen die Nachweis- beziehungsweise Anzeigepflicht begründet demnach einen Verstoß gegen § 36 Abs. 1, 5 WaffG i. V. m. § 13 AWaffV; Vertrauensschutz ist zu versagen.

Das Gericht stellte auch klar, dass die Waffenbehörde Rafael mit Schreiben vom 17.10.2015 keine Absolution erteilt hatte. Sondern nur schrieb: „Wenn die Waffenaufbewahrung so erfolgt, dann ist es in Ordnung.“

Die Behörde habe unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass diese von einer – seinerzeit – (fortgesetzten) ordnungsgemäßen Lagerung der Kurzwaffen in einem Waffenschrank der Sicherheitsstufe B ausging. Mit Blick hierauf sowie die o.g. Nachweispflichten gibt es keine Grundlage, in eine „stillschweigende Genehmigung“ einer Lagerung in einem nicht zertifizierten Tresor vertrauen zu können.

„(…) Im Fall von Rafael ist basierend auf der Tatsache des Verstoßes gegen die Pflichten zum sorgfältigen Aufbewahren von Schusswaffen überdies die Annahme gerechtfertigt, dass er Schusswaffen nicht sorgfältig verwahren wird (…)“,

so das Gericht.

Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG („werden“) ist in jedem Einzelfall zur Bestimmung der (Un-)Zuverlässigkeit eine Prognose anzustellen. „(…) § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition beschreibt, (…) in hohem Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind. Bei der (…) zu erstellenden Prognose ist daher der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu schützen. Nur bei solchen Personen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen, sind die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, hinzunehmen.

Das Gericht merkt an:

„(…) ist für die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (…) kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird; ausreichend ist vielmehr, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht. (…) ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG an den Tag legen wird (…)“

Hieran gemessen begründet der durch Rafael verwirklichte Verstoß gegen § 36 Abs. 1 WaffG in seinem Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines weiteren gleichförmigen Verstoßes i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG.(…)

Das Gericht betonte dabei:

(…) Der negativen Prognose steht nicht bereits entgegen, dass der Kläger seit vielen Jahren Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse sowie – seit dem Jahr 2015 – eines Jagdscheines ist und ihm bislang kein Aufbewahrungsverstoß anzulasten war. Insoweit ist zu sehen, dass bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Vorgaben zur Aufbewahrung von Schusswaffen die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen kann. (…)“

Zwar habe Rafael seine Schusswaffen vor dem direkten Zugriff Dritter geschützt, aber eben nicht nach den gesetzlichen Vorschriften; und eben diese Anforderungen an die Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition stehen nicht zur Disposition des jeweiligen Besitzers.

„(…) Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass die gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßende Aufbewahrung für eine gewisse Dauer aufrechterhalten wurde, wobei die zuständige Behörde in dem Glauben gelassen worden ist, dass weiterhin eine ursprünglich zulässige Verwahrung stattfinde.(…) Der Umstand, dass es vorliegend zu keinem konkreten Schaden von Personen gekommen ist, steht der Annahme einer Negativprognose nicht entgegen; es kommt nicht darauf an, ob und in welchem Umfang durch einen Aufbewahrungsverstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. (…) berührt jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit.

(…) Es handelte sich keinesfalls um eine nicht repräsentative einmalige Momentaufnahme oder auch um eine kurzfristige Notlösung. (…)“

Das Gericht stellte heraus, dass es bei der Einschätzung, ob Rafael die Zuverlässigkeit fehle, gar nicht mehr auf den Strafbefehl aus dem Jahr 2014 sowie die eingestellten Ermittlungsverfahren, die vermeintliche Suizidankündigung sowie die Unstimmigkeiten im Rahmen der Waffenregistrierung ankomme. Der Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG) wiege entsprechend schwer für sich genommen.

Hinsichtlich des Widerrufs von Waffenbesitzkarten greift lediglich das Verbot, im Bundeszentralregister getilgte oder zu tilgende strafgerichtliche Verurteilungen zu verwerten (§ 51 Abs. 1 BZRG).

Anders verhält es sich mit den eingestellten Ermittlungsverfahren, so das Gericht:

„(…) Die Waffenbehörde und das Verwaltungsgericht sind bei der Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG rechtlich nicht an die Beurteilungen in strafgerichtlichen Entscheidungen gebunden. (…) Auch wenn die Strafverfolgungsbehörden ein Strafverfahren nach § 153a StPO eingestellt haben, hindert dies die Waffenbehörde nicht, eigenständig zu prüfen, welche Verfehlung der Betroffene begangen hat und ob diese die Tatbestandsmerkmale des § 5 WaffG erfüllt. (…)“

Die waffenrechtlichen Erlaubnisse waren daher ordnungsgemäß widerrufen worden. Aber auch der Jagdschein war rechtmäßig für ungültig erklärt und eingezogen worden.

Das Gericht begründete insoweit:

„(…) Rechtsgrundlage für die Ungültigkeitserklärung und die Einziehung des Jagdscheins ist § 18 Satz 1 1. Alt. BJagdG. Danach ist die Behörde in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein solchen Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG – ein Falknerjagdschein – erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 des Waffengesetzes fehlen. Über § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG wird die jagdrechtliche Unzuverlässigkeit mit der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit verknüpft; fehlt also die waffenrechtliche Zuverlässigkeit, steht dies der Jagdscheinerteilung entgegen. (…)“

Da Rafael die waffenrechtliche Zuverlässigkeit fehlt, war der Jagdschein gemäß § 18 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 BJagdG für ungültig zu erklären und einzuziehen.

Die Jagdbehörde stützte sich insoweit auch auf die geäußerten Suizidabsichten Rafaels.

Bei Fragen zu diesem oder anderen rechtlichen Themen, können Sie sich gerne an www.advohelp.de wenden.


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