Taubenjagd im Norden
Jagdgeschichten

Taubenjagd im Norden

Text & Bilder Ales Maxa

1992 als ich gerade meinen Jagdschein erhalten habe und die Tinte vom Amt noch nicht ganz getrocknet war, habe ich schon meine erste Jagd geplant. Ich wollte unbedingt Tauben erlegen. Es waren Sommerferien und mit diesem Tag gingen auch die Tauben am 1. August auf. Ich habe schon lange vorher ausgekundschaftet, wo sie fliegen und sitzen und so bin ich am 1. August mit meinem kleinen Motorrad, meiner Doppelflinte aus dem Jahre 1947 (mit der ich noch heute jage) und meinem Jagdfieber losgefahren. Ich habe mich hinter einer Fichtenverjüngung positioniert und guten Blick auf eine große Kiefer gehabt, die gerne als Ausruhplatz angeflogen wurde. Es dauerte nicht lang, da kam die erste Geringelte angeflogen. Erster Schuss, zweiter und da kamen sie runter. Leider nur ein paar Federn, aber immerhin. Ich hatte noch einige Möglichkeiten, konnte aber leider kein Waidmannnsheil verbuchen. Dennoch ein zufriedener, erster Jagdtag für mich. Dann sollte es aber doch tatsächlich 24 Jahre dauern, bis ich meine erste Taube schieße.

Mein Jagdfreund Arno, mit dem ich schon viele tolle Jagderlebnisse erleben durfte, lud mich zu sich nach Hause ein, um dort im Januar oder Februar auf Tauben zu jagen. Die Jagd dort ist ganz anders als bei uns. So gibt es dort Taubentage, wo revierübergreifend auf das Flugwild gejagt wird und am Ende gemeinsam Strecke gelegt wird. Am letzten gemeinsamen Jagdtag gibt es anschließend noch ein Abschlussessen, an diesem Tag sollte ich auch mitjagen dürfen. Alles ist bis ins Detail geplant und vorbereitet, das Auto gepackt und Roman, einer der beiden Mitreisenden kommt schon den Abend vor der Abreise, Martin stößt morgens dazu. Die Fahrt ist lang, aber wir haben uns viel zu erzählen, immerhin ist die Jagdsaison bei uns gerade beendet und zukünftige Jagden müssen geplant werden.

Wir sind fast am Ziel und können unseren Augen kaum trauen, alles ist voller Kraniche. Egal wo man hinschaut, überall stehen die langbeinigen Freunde herum. Bei uns sind sie sehr selten, so haben wir natürlich eine Pause gemacht, um ein paar Fotos zu machen. „Ich dachte, dass Du nur bei Erlegerfotos so viel Zeit benötigst,“ kommentiert Martin meine Bemühungen, gute Fotos der nicht stillstehenden Tiere zu erzielen.

Im Gasthof angekommen, werden wir schon herzlich von alten Bekannten begrüßt, Arno wird auch bald kommen und das Abendessen sowie unsere Zimmer sind hergerichtet. Ein wunderbarer Empfang nach so einer langen Fahrt. Es wird ein wunderbarer Abend, mit lustigen und guten Gesprächen mit unseren lieben deutschen Freunden, dieses Mal nicht in Tschechien, wo wir überwiegend jagen. Nach dem leckeren Essen werden die Pläne für den nächsten Tag geschmiedet. Am Vormittag fährt Arno mit uns durch die Gegend und wir schauen uns das Dümmer Moor ein Bisschen genauer an. Am Nachmittag, nach einer kleinen Stärkung im Hotel, geht es los. Martin und Roman dürfen im Nachbarrevier mitjagen, ich jage mit Arno zusammen. Da wir nur einen Katzensprung von Arnos Zuhause weg sind, ist seine liebe Frau so nett, uns zwischendurch mit einer kleinen Brotzeit zu versorgen.

Vor der Jagd treffen wir uns am Dorfrand und bekommen eine kleine Einweisung was die Freigabe und das sichere Jagen angeht. Sehr interessant für mich war, dass die Jagd in der Nähe von Häusern und in Gärten stattfindet und die Öffentlichkeit keine Probleme damit hat. Ich glaube, sowas ist nicht in vielen Gemeinden möglich.

Nach der Ansprache fahren wir zurück zu Arno. In einer Ecke seines Gartens hat Arno ein Taubenkarussell aufgebaut, das vorbeifliegende Tauben anlocken soll. Arno und ich stellen uns unter die großen Eichen am Ende seines Gartens und schon fallen die ersten Schüsse. Ich greife meine alte Flinte fester, die schon vor 24 Jahren mit mir unter einer Kiefer stand.

Nun kommen auch die ersten Tauben zu uns. Sie sind noch weit und wir lassen sie näherkommen, Disziplin ist hier angesagt und ich orientiere mich an meinem erfahrenen Freund. Der erste Schuss von ihm fällt und die Visierte fliegt zu Boden. Ein schnelles Waidmannsheil und dann habe auch ich eine Chance. Erster Schuss, zweiter Schuss… und die Taube fliegt unverletzt weiter! Das kann doch nicht wahr sein! Ich muss mich verbessern. „Besser schießen, mein lieber Aleš,“ kommentiert Arno mit seinem typischen Lächeln die Situation. „Sonst hat Aike keine Arbeit!“ Seine brave Aike ist eine Deutsch Drahthaarhündin, die die Situation aufmerksam ruhig sitzend neben ihm verfolgt. Zumindest für Aike muss ich mich bemühen, motiviere ich mich selbst.

Zwei weitere Tauben fliegen uns an, volle Konzentration heißt es jetzt. Die erste ist schnell von Ästen verdeckt, aber die zweite fliegt günstig und nach meinem ersten Schuss bricht sie verendet zusammen und fällt direkt neben mir zu Boden. Wieder keine Arbeit für Aike. Meine erste Taube, ich freue mich sehr und höre auch schon ein kräftiges Waidmannsheil aus Arnos Richtung. Ich gehe zu der Taube und schaue sie mir an, ein wunderschönes Tier. Wenn sie auch oft verhasst ist, wobei es große Unterschiede zwischen den nicht gewollten Stadttauben und diesen hier gibt, finde ich, dass auch die Taube ein tolles Lebewesen ist.

Zwei weitere Schüsse von Arno reißen mich aus meinen Gedanken. Sofort greife ich meine Flinte und stelle mich zurück an meinen Platz. Ich sehe zwei weitere Tauben kommen und schieße. Der erste geht vorbei, aber der zweite Schuss trifft und erneut geht die Taube zu Boden, dieses Mal kann Aike apportieren. „Brotzeit“, ruft Arno. Wir beenden unseren ersten Teil der Jagd. Aber nicht, bevor ich noch ein paar Fotos mit meiner Kamera gemacht habe. Ein leckerer Kuchen und guter Kaffee warten auf uns. Eine so liebe Versorgung von Nataliya bin ich bei der Jagd nicht gewohnt. Ich berichte ihr natürlich gleich von meinen Erfolgen und freue mich auf den zweiten Teil. In Windeseile ist der halbe Kuchen verspeist und es geht weiter.

Im zweiten Anlauf läuft es ebenfalls gut für uns, wir konnten noch ein paar Tauben erlegen, auch Roman und Martin waren erfolgreich, wie ich nach der Jagd erfahre. Wir legen gemeinsam mit allen Jägern Strecke - über 200 Stück haben wir erlegen können. Danach geht es zu einem Jäger und Freund von Arno in die Halle zum gemeinsamen Abendessen. Was ein schöner Jagdtag das doch war mit einem sehr geselligen Abschluss. Wir redeten noch lang, versorgten die Tauben und planten die nächsten Jagden bei uns in Tschechien.

Es muss nicht immer ein Hirsch oder Kalb sein, oft machen auch die kleinen Dinge eine sehr große Freude und man darf nie die Schönheit der Natur und ihrer Tiere vergessen, ob sie nun 200 g oder 200 kg wiegen. Das allerwichtigste ist aber, dass man diese Erlebnisse mit Freunden teilen kann, denn nur dann bringt es doch erst richtig Spaß! Ich freue mich schon jetzt auf die kommenden Geschichten für die Ewigkeit.


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