Aus dem Revier: Wildarten in der Vorstellungsrunde
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Aus dem Revier: Wildarten in der Vorstellungsrunde

Text & Bilder Ales Maxa

Der Jäger sollte über zahlreiche Kenntnisse verfügen, das ist selbstverständlich oder? Die richtige Waffenhandhabung, sicheres und überlegtes Schießen, Recht und Naturschutz. Alles Dinge, die in der Jagdpraxis wichtig sind, die man gut aus Büchern und der praktischen Übung Zuhause oder auf dem Schießstand üben kann. Aber wie sieht es mit den Tierarten aus? Wie verhalten sie sich, wo leben sie, wie verläuft die Paarungszeit. Die Wildarten kann man am besten am lebenden Objekt, also in der Natur studieren und verstehen. So möchte ich heute meine Erfahrungen über Dam-, Sika-, und Muffelwild mit Ihnen teilen.

Das Damwild

Das Damwild begleitet mich schon mein ganzes Jägerleben – in unserem Revier, wo ich seit fast 30 Jahren jage, ist es die Hauptwildart. Ich habe sie schon früh ins Herz geschlossen und kann es nicht verstehen, wieso sie in einigen Gebieten nur als Schädlinge angesehen werden. Durch relativ wenig Ansprüche an ihre Umgebung werden sie auch gerne in Gattern gehalten, ich kann mir das gar nicht anschauen, denn die Bedingungen sind für Wildtiere meistens eine Qual. In unserem Revier erlegen wir auf einer Fläche von ca. 1.100 ha 25 Stück Damwild. Aufgrund meiner jahrelangen Studie an dieser Wildart habe ich damals auch meine Diplomarbeit über sie geschrieben.

Wie ist diese Wildart überhaupt zu uns nach Europa gekommen? Ursprünglich kommt es aus Vorder- und Kleinasien. In Europa wurde es erstmalig in Italien und Frankreich in Gattern gehalten, ab dem 13. Jahrhundert auch in Ungarn. Erst im 19. Jahrhundert wurde es dann auch in freier Wildbahn gesichtet. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts waren sie dann sogar in Nord- und Südamerika und Australien sowie Neuseeland anzutreffen.

Wenn wir uns die Ethologie dieser Wildart anschauen, kann ich aus meiner Erfahrung heraus sagen, dass das Kahlwild oft mit jungen Hirschen zusammensteht (Spießer und Hirsche bis 3 Jahre). Ältere Hirsche ziehen oft in kleinen Trupps zusammen. Hin und wieder gibt es auch die Kombination aus Schmaltieren und einem Spießer.

Eine interessante Beobachtung konnte ich nun schon einige Male bei Spießern machen. Gerne verjagen sie das Rehwild, wenn es ihnen zu nah kommt. Das ist aus Sicht eines Rehwildansitzes oder -jägers natürlich ein negativer Faktor.

Die eben aufgezählten Gruppen halten sich bis zum Beginn der Brunft, die größtenteils im Oktober stattfindet. Der genaue Zeitpunkt hängt vor allem vom Wetter ab. Die Hirsche mögen es kalt, aber schön. Ich habe auch schon Rot- und Damhirsche auf einer Wiese brunften gesehen, paaren tun sie sich allerdings nicht untereinander, im Gegensatz z.B. zum Rot- und Sikawild. Vor der Brunft kann man schon die sogenannten Brunftkuhlen der Damhirsche finden, diese entstehen durch das Scharren mit den Vorderläufen und dem „Wühlen“ mit den Schaufeln im Boden.

Wie schon erwähnt, ist Damwild relativ anspruchslos und kann sich somit äußerst gut anpassen. Sie ziehen gerne umher und sind nicht, wie Rehwild z.B. sehr territorial.

Auch bei ihrer Äsung sind sie nicht wählerisch und äsen das, was sie bekommen, gerade im Winter ist das ein großer Vorteil! Auch mit anderen Wildarten kommen sie gut zurecht und sind nicht aggressiv ihnen gegenüber.

Muffelwild

Kommen wir zum Europäischen Muffelwild, das wie das Damwild aus Vorderasien stammt. Sardinien und Korsika waren lange Zeit die einzigen Länder, in denen sie lebten, der Grund dafür ist nicht ganz klar. Eine Vermutung ist eine starke Bejagung vor 4000 Jahren. Mittlerweile sind sie in vielen Ländern Europas zu finden, auch wenn ihr Vorkommen gerade wieder zurück geht.

Im Gegensatz zum Damwild ist Muffelwild sehr wetterempfindlich. Regnet, schneit oder windet es stark, bleibt es in Dickungen, wo es vor den ungemütlichen äußeren Umständen geschützt ist. Ist es bitter kalt, zieht es zu sonnigen Flächen um sich aufzuwärmen.

Muffel brauchen steiniges Gelände, damit sich die Schalen abnutzen, anderenfalls wachsen sie immer weiter, was für die Tiere durchaus schmerzhaft werden kann. Auch wir haben das hier immer wieder erlebt. Ich habe mal einen Widder mit einem Freund erlegt, der 8 cm mehr Horn an den Schalen hatte, als normal war. Interessant dabei war, dass der Widder sich ohne Probleme bewegt hat, man konnte es ihm vor der Erlegung nicht ansehen.

Muffelwild bildet keine getrennten Gruppen. Hier können wir Widder das ganze Jahr (mit Ausnahme der Setzzeit) über mit Kahlwild sehen. Sehr alte Widder ziehen oft alleine oder mit einem oder zwei anderen älteren Widdern zusammen. Letzte Woche habe ich einen Widder erlegen können, der ganz alleine gekommen ist. Er war 8-9 Jahre alt.

Die Brunft vom Muffelwild ist auch ähnlich des Damwildes im Oktober, in unserem Revier meistens gegen Mitte des Monates. Ich kenne aber Reviere, wo die Brunft auch früher ist. Auch hier ist das Wetter entscheidend. Da Muffelwidder keine Brunftrufe machen, erkennt man die Brunft eher an den suchenden Widdern. Bei keiner anderen Wildart habe ich das so extrem gesehen. Die Widder laufen so schnell durch die Gegend und suchen nach paarungswilligen Schafen, dass man denken könnte, sie seien krank. Ich habe schon mehrere Widder ein Schaf durch Wald und Wiesen treiben sehen, da kann einem das weibliche Stück wirklich leidtun.

Zwar hören wir beim Muffel kein Brunftruf, dafür aber das dumpfe und weit hallende Geräusch, der aufeinanderprallenden Schnecken. Ein Wunder, dass dabei nicht jedes Mal die Schädelplatte bricht. Wenn sie kämpfen, sind sie unvorsichtig und somit gut anzupirschen.

Ein weiteres interessantes Merkmal bei unserer Muffelpopulation sind die gehörnten Muffelschafe. Die Größe ist nicht von dem Alter des Stückes abhängig. Ich habe mal ein uraltes Muffelschaf erlegt, dessen Schnecken nur 3-4 cm groß waren. Dann wiederum ein weibliches Lamm mit ca. 7-8 cm.

Bei der Ernährung sind sie anspruchslos. Natürlich bevorzugen sie Gräser und Kräuter, liegt allerdings Schnee, fressen sie alles.

Ein leider ganz typisches Merkmal von Muffelwild ist, dass sie auf jede Art von Prädator, wie Luchs, Fuchs, Wolf, sehr empfindlich reagieren. Man sagt ihnen nach, dass sie nicht gerade die Schlausten sind, wenn es um die „Verteidigung“ ihres Lebens gegenüber Angreifern geht. Somit reduziert sich ihre Population schlagartig, wenn Beutegreifer Einzug halten. So auch in unserem Revier.

Sikawild

Auch die letzte Wildart, die ich hier vorstellen möchte, ist bei uns nicht heimisch. Das Sikawild kommt aus Ostasien, konkret z.B. aus Japan, China oder Korea. In Mitteleuropa gibt es zwei verschiedene Unterarten - der klassische japanische Sikahirsch (Cervus nippon nippon) und der Dybowski Sika (Cervus nippon dybowskii). Der japanische Sika ist kleiner, der Hirsch wiegt zwischen 50-60 kg, der Dybowskii Hirsch dagegen kann 140 kg erreichen. Beide Arten erreichen meist nicht mehr als ein Achtergeweih.

Der japanischer Sika kommt in Deutschland und Österreich nur äußerst selten vor. In Tschechien gibt es viele Reviere, wo das Sikawild anzutreffen ist. Viele behaupten übrigens, dass es das leckerste Wildfleisch wäre, ich finde das übrigens auch! In der Nähe von Pilsen kann man durchaus mal an die 1.000 Stück auf einem Acker sehen. Ich habe es vorhin schon angesprochen, Sikahirsche können sich auch mit Rotkahlwild paaren. Die sogenannten Hybriden erkennt man an den weißen Flecken vom Sika, besonders entlang des Rückens, der Wedel ist oft länger und der Spiegel schwarz gegrenzt. Typisch ist die weiße Farbe der Knöcheldrüsen - hier ist dann der Sika mehr durchgeschlagen. Bei den Stücken, wo eher das Rotwild durchkommt, ist das Ansprechen viel komplizierter und kann manchmal nur im Labor final untersucht werden. Bei Hirschen kann man sagen, dass wenn das Geweih stärker ist, als ein Achter, vielleicht sogar mit Krone, dass Rotwild mit hoher Wahrscheinlichtkeit mit drin sein ist.

Der Brunftschrei der Sikahirsche ist absolut einmalig, er ist mit nichts zu vergleichen und auch nicht gänsehauterregend wie das des Rothirsches. Wenn man nicht weiß, um was es sich handelt, würde man gar nicht auf einen Hirsch kommen oder überhaupt ein Tier. Wenn man sehr nah dran ist, kann der hohe, schrille und langgezogene Schrei schon fast in den Ohren schmerzen. Die Hirsche sind sehr aggressiv und springen hervorragend auf den Locker an. So konnte ich schon einige Hirsche auf eine Distanz zwischen 8-15 m erlegen. Eine sehr spannende Jagdart, wie ich finde.

Sikawild verbreitet sich sehr aggressiv. Sogar bei uns in Südböhmen, wo diese Wildart gar nicht vorkommt, haben wir vor Jahren einen Spießer erlegen können. Dieser hat zuvor bei der Damwildbrunft einige Hirsche mit seinen Spießen so verletzt, dass sie verendet sind. Auch er trug einige Verletzungen der Damhirsche an seinem Körper.

Schwierig ist oft die Unterscheidung zwischen dem Kahlwild beim Sika- und Damwild, auch erfahrene Jäger haben dabei ihre Schwierigkeiten. Die wichtigsten Merkmale sind die Länge der Wedel (beim Damwild länger), die Abgrenzung des Spiegels (beim Damwild eindeutiger und klarer) und die Größe des Hauptes (das vom Sika ist deutlich kleiner). Im Winter sind Sikas dunkler, nahezu schwarzer und der Bauch des Damwildes weiß.


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