Des Jägers Recht: Drückjagd - Schadenersatz für getöteten Jagdhund
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Des Jägers Recht: Drückjagd - Schadenersatz für getöteten Jagdhund

Text Sandra E. Pappert
Bilder Alena Steinbach

Die Drückjagdsaison rückt immer näher und mit ihr geht leider nicht nur das Jagdglück einher, sondern auch so manches Leid eines Hundeführers. Wenn das Schlimmste eintrifft: der geliebte Hund, der treue Jagdkumpel, wird durch einen Schuss getötet, tritt neben den schmerzlichen, an sich nicht in Geld messbarem Verlust aufzuwiegen, dennoch die Frage nach der Leistung von Schadenersatz und dessen Höhe….der heutige Beitrag nimmt sich diesem traurigen Thema an…

Der Fall:

Christoph nimmt Ulf auf Schadensersatz wegen seines im Rahmen eines Jagdunfalls getöteten Jagdhundes Lissy in Anspruch. Christoph und Ulf nahmen an einer Drückjagd. Christoph, seines Zeichens Hundeführer, brachte hierzu zwei Bracken, Lissy und Lina, mit. Ulf war Jagdgast.

Wie üblich waren sämtliche Jagdteilnehmer zu Beginn der Jagd vom Jagdleiter eingewiesen worden. Ulf wurde von dem Ansteller ein Standort auf einem Drückjagdbock zugewiesen. Der nächste Schütze war 100-150 m entfernt. Die Drückjagd selbst wurde durch den Einsatz von Hunden bewirkt. Nach Anweisung des Jagdleiters waren – wie üblich - dass, sofern Hunde ein krankes oder gesundes Stück Wild stellen und Standlaut geben, nur die Hundeführer berechtigt sein sollen, den Standort anzugehen, um den Hunden zu Hilfe zu eilen. Die übrigen Schützen, die nicht Hundeführer seien, hätten auf keinen Fall den ihnen zugewiesenen Stand zu verlassen und auch sollten in diesem Falle auch nicht zur Schussabgabe berechtigt sein.

Zur Mittagszeit wurde Lissy, die 3-jährige Bracke von Christoph, mit jagdlicher Ausbildung und Zulassung zur Zucht, in der Nähe des Standortes von Ulf durch eine Schussverletzung am Kopf tödlich verletzt. Lissy und Lina hatten einen Keiler in der Nähe von Ulf in einer Dickung gestellt und laut und anhaltend verbellt. Die beiden Hunde waren jeweils mit einer Signalweste, roter Signalhalsung und mit einem GPS-Gerät versehen. Christoph hatte zu diesem Zeitpunkt einen Standort ca. 700 m entfernt eingenommen. Er beabsichtigte, den Standlaut, der sich schon einige Zeit hingezogen hatte, nach Abschluss der Jagd anzugehen, um nicht sich und andere Schützen bei der Jagd zu gefährden.

Ulf, der ebenfalls den Standlaut der Hunde wahrgenommen hatte, verließ den ihm zugewiesenen Drückjagdbock, um den Standort anzugehen. In der Folge nahm er den Keiler und die beiden Hunde wahr und schoss mehrfach auf ihn, welcher von Lissy und Lina gestellt worden war.

„Du Mistkerl, Ulf, hast mindestens 3 Mal auf die Sau geschossen und dabei meine Lissy am Kopf getroffen, wenn ich nur könnte, wie ich wollte“, schimpfte Christoph wütend und zu Tode betrübt zugleich.

„Wenn ich schon Lissy nicht mehr lebendig werden lassen kann, dann ist es das Wenigste, dass Du dafür bezahlst! Du verantwortungsloser Schuft!“, schimpfte Christoph vor sich hin.

„Was soll denn das, Christoph! Ich trage keine Schuld an Lissys Tod. Der Ablauf war doch ganz anders!“, versuchte sich Ulf zu verteidigen.

„Ich saß auf meinem Drückjagdbock als ich einen Schuss vom Nachbarschützen hörte. Der auf Sauen geschossen. Eine Sau war dann in die Dickung hineingezogen. Sonach hatte ich in ca. 20-30 m Entfernung Standlaut von Hunden wahrgenommen. Als etwa eine halbe Stunde vergangen war und einer der Hunde erkennbar geklagt hatte, meiner Meinung nach aufgrund einer Verletzung, entschied ich, den Stand zu verlassen, um dem Hund zur Hilfe zu eilen. Vor der Dickung angekommen, habe ich sodann aus einer Entfernung von 15 m eine krankgeschossene Sau wahrgenommen sowie die beiden Hunde von Christoph. Die Sau hatte mich sofort angenommen. Als ich versuchte aus der Gefahrenlage zu irgendwie flüchten, stürzte ich und stolperte. Als die Sau nur noch knapp vor mir stand, schoss ich – am Boden sitzend. Der Schuss traf die Sau am oben am linken Vorderlauf. Nach diesem 1. Schuss hatte die Sau förmlich bereits auf meinem Schoß gesessen und hatte begonnen, sich wehrhaft zu verteidigen. Deswegen habe ich noch einen weiteren Schuss auf das Brustbein der Sau abgegeben. Sie brach zum Glück sofort ein. Ich bin jedenfalls nicht schuld am Tod Deines Hundes. Dein Hund muss schon irgendwie vorher getroffen worden sein“, verteidigt sich Ulf.

Christoph ging der Verlust von Lissy so nahe, dass er sich nicht mehr in der Lage sah, ohne rechtliche Hilfe gegen Ulf vorzugehen. Er musste irgendwie Abstand herstellen und zugleich weiterkämpfen…für Lissy. Er beauftragte daher einen Anwalt mit dessen Vertretung.

Das sodann eingeholte private Sachverständigengutachten hatte den Wert von Lissy mit 7.540,00 € angesetzt; die Gutachterkosten beliefen sich auf weitere € 150,00. Ulf leitete das Forderungsschreiben an seine Jagdhaftpflichtversicherung weiter, die jedoch eine Schadenregulierung ablehnte. Christoph sah sich daher zur Klageerhebung gezwungen. Im Rahmen des Rechtsstreits sah sich das Gericht veranlasst, ein gerichtliches Gutachten zum Wert des Hundes einholen zu lassen; die Schadensumme belief sich letztlich sodann auf einen Betrag in Höhe von € 11.644,16.

Angesichts des zwischen den Parteien im Streit stehenden Unfallhergangs ließ das Gericht gleichsam ein Gutachten erstellen. Nach vielen Monaten des Kampfes vor dem Landgericht, erhält Christoph endlich eine Abschrift des Urteils von seinem Rechtsanwalt übermittelt...Christoph freut sich….

Das Landgericht Erfurt hat der Klage in seiner Entscheidung mit Urteil vom 24. Juni 2015 – 3 O 996/13 stattgegeben.

Christoph jubelt, das Landgericht hat Christoph Schadenersatz in Höhe von € 11.614,58 zzgl. Rechtsanwaltsgebühren und die Kosten des Privatgutachtens zugesprochen.

Das Landgericht sah einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB aus unerlaubter Handlung für gegeben an.

Ulf habe hat aufgrund fahrlässiger Pflichtverletzung das Eigentum von Christoph, d.h., seine Hündin Lissy, verletzt. Das Landgericht sah es auch als erwiesen an, dass Ulf schuldhaft zurechenbar den Tod verursacht habe.

Die Hündin ist auch durch kein anderes Ereignis als einen durch Ulf bewirkten Volltreffer am Kopf zu Tode gekommen.

Das schlussfolgerte im Weiteren:

„(…) Im Übrigen steht zur Überzeugung des Gerichts im Ergebnis des nicht angegriffenen Sachvortrages zum Verletzungsbild zum einen fest, dass nur ein heftiger letaler Einschuss die Todesursache gewesen sein konnte. Da zum anderen nicht anzunehmen ist, dass der von einem dritten Jagdteilnehmer solchermaßen verletzte Hund von dem Beklagten noch hätte beobachtet werden können, als er quicklebendig die Sau verbellte, verbleibt also nur die beschriebene Schlussfolgerung. (…)“

Das Landgericht sah auch die Schuld von Ulf am Tod von Lissy als erwiesen an. Die Verletzung war in der konkreten Situation durch Einhalten der gebotenen Sorgfalt vermeidbar und von Ulf als Schützen zurechenbar, verursacht._

Das Landgericht stellte dabei klar, dass bereits die Schuldhaftigkeit des Handelns schon indiziert durch die rechtswidrige Rechtsverletzung wird. Das Landgericht warf Ulf insbesondere vor, dass seine Handlungsweise in jedem Falle vermeidbar pflichtwidrig gewesen ist und sein Handeln daher zum Schadenshergang geführt hat.

Das Landgericht führte insoweit aus:

„(…) Denn das Verlassen des Jagdwildbockes und Sich-Begeben in die Dickung, wo die Sau und ein klagender Hund gemutmaßt wurden, widersprach den von dem Jagdleiter zu Beginn der Jagd ausgegebenen (und wahrscheinlich nicht unüblichen) Jagdregeln, wonach bei einem Standlaut das Angehen des Wildes ausschließlich dem Hundeführer vorbehalten war. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf zurückziehen, dass diese Regel angeblich ausschließlich den Schutz von Menschen, wie z. B. Jagdteilnehmern bezweckte. Denn nach dem eigenen Vortrag des Beklagten ist tatsächlich eine Gefährdung eines Jagdteilnehmers, nämlich seiner Person, eingetreten, indem sich ihm eine Sau auf den Schoss setzen wollte und nach ihm schnappte. Dieser behauptete Geschehensablauf und das weitere behauptete Geschehen, dass nämlich der Beklagte zur Eigenverteidigung 2 Schüsse abgeben musste, wovon einer möglicherweise die Hündin tödlich traf, war auch objektiv vorhersehbar und vermeidbar, denn er liegt nicht solchermaßen außerhalb des nach gewöhnlicher Lebenserfahrung in solchen Situationen zu erwartenden Geschehensablaufs, als dass er sich als ganz unwahrscheinlich, nicht zu erwarten, gar exotisch oder von dem Beklagten als erfahrenen Jäger gänzlich nicht vorstellbar präsentierte.(…)“

Ulf vermochte auch das Landgericht nicht mit dessen Argumentationslinie, nämlich dass

„(…) er angeblich nur dem verletzen Hund des Klägers zu Hilfe kommen wollte und dabei – bei dem Versuch seine eigene Person zu retten - aus Versehen den zu rettenden Hund erschossen hat (…)“

überzeugen und sich von der Verpflichtung zum Leisten von Schadenersatz freihalten.

Denn nach Auffassung des Landgerichts

„(…) wäre sein ursprüngliches Ziel nicht nur nachhaltig verfehlt wie auch das Missgeschick mit der angreifenden Sau rechtlich unbeachtlich (…).

Das Landgericht stellte unmissverständlich klar, dass in seinem solchen Fall ein verschuldeter Notstand im Sinne § 228 BGB oder ein verschuldensunabhängiger Notstand gem. § 904 BGB vorgelegen hätte, der Ulf zum Leisten von Schadenersatz zweifelsohne verpflichtet hätte. In Bezug auf die zugesprochene Höhe des Schadenersatzes folgte das Landgericht den Sachverständigengutachten und den darin niedergelegten wertbildenden Faktoren (Grundwert, Jagdwert, Zuchtwert, Gebrauchswert) für den Verlust eines Jagdhundes. Auch wenn Lissy hierdurch nicht mehr zum Leben erwachen konnte, Christoph hofft, dass Ulf nie wieder derart verantwortungslos handelt und wenigstens auf diese Weise das Schicksal anderer Hunde nicht derart tragisch verläuft.


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