Auf der Autofahrt fiel David wieder der Seitenschneider ein: „Sagt mal, ihr zwei, wo hattet ihr so schnell meinen Seitenschneider her?“. Stephan biss sich verlegen auf die Unterlippe, während Eva unruhig auf ihrem Sitz hin und her rutschte. „Den ... hatten wir dort versteckt.“ sagte Stephan kleinlaut. „Und was habt ihr damit gemacht?“ David beschlich ein leiser Verdacht und er hoffte inständig, dass er sich irrte. Für Eva gab es kein Halten mehr, Tränen kullerten über ihre Wangen „Deine blöde Arbeit! Nie hast du Zeit für uns. Immer musst du irgendwelche doofen Zäune bauen oder sitzt auf deinem doofen Hochsitz. Anna ist letzte Woche mit ihrem Papa Schlittschuhlaufen gewesen. Du bist nie da!“ schluchzte sie. „Wir haben nicht nachgedacht, wir waren einfach sauer auf dich und deine blöde Jagerei“ brummelte Stephan. Auch ihm war bewusst, dass es nicht gerade die beste Idee war, den Zaun bei der Weiserfläche zu zerschneiden. In Davids Brust hatte sich ein Knoten gebildet, der sich nun immer mehr zusammen zog. Er war zwar verärgert über den kaputten Zaun, aber was noch schlimmer war, seine Kinder hatten Recht.

Seine Familie war ihm das Wichtigste und vor lauter Stress und Ärger hatte er sie in letzter Zeit komplett vernachlässigt. „Ich werde mich bessern“ versprach er und er meinte es ernst. „Wollen wir morgen Schlittschuhlaufen?“. Da machte sich ein Lächeln in den Gesichtern der Kinder breit und David wurde noch etwas bewusst: Wann hatte er das letzte Mal aufrichtig gelächelt? Den Stress aus dem Büro hatte er mit ins Revier genommen und die Freude an der Jagd und den dazugehörigen Aufgaben fast verloren. „Helft ihr mir nächste Woche, die Schmierereien im Revier wieder abzuwaschen? Und zum Frühjahr will ich ein paar neue Nistkästen anbringen, dabei könnte ich eure Unterstützung gut gebrauchen, habt ihr Lust?“. Voller Begeisterung und erleichtert darüber, dass Papa nicht mehr böse war, nickten die zwei. David überlegte bereits, bei welchen Tätigkeiten er seine Kinder noch einbeziehen konnte. Er wollte ihnen gerne zeigen, warum er gerne im Revier war und dass die Jagd doch gar nicht so „blöt“ war, wie sie vielleicht dachten. Vielleicht würde ihn Stephan im nächsten Mai auch auf die Bockjagd begleiten. Davids Gedanken wurden wieder positiver und inzwischen lächelte auch er.


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