An dieser Stelle möchte ich etwas einschieben.

Mitte Oktober ist ein mir sehr wichtiger Mensch ins Krankenhaus gekommen. Was anfangs wie eine reine Oberschenkelfraktur aussah, wurde schnell eine Krebsstreuung im Kopf. Den Darmkrebs vor 1,5 Jahren hatten die Ärzte eigentlich gut in den Griff bekommen. Doch der ständige Schwindel war auffällig und so wurde bei dem Krankenhausaufenthalt die schreckliche Diagnose der Streuung festgestellt. Die Operation und der völlige Verlust von all dem, was Roder ausgemacht hat, war die folgenden 10 Tage kaum auszuhalten. Für uns nicht, aber sicher vor allem nicht für ihn. Noch an seinem Geburtstag, Anfang Oktober, saßen wir fröhlich zusammen und ich berichtete ihm von meiner anstehenden Reise.

Roder hat die ganze Welt bereist und -jagt, ich bin nie müde geworden seinen Geschichten zu lauschen, die Spannung erneut mit ihm zu erleben und aus seinen Erfahrungen zu lernen. Einen Elch hat er aber trotz mehrfacher Versuche nie erlegen können. Am Tag vor meiner Abreise und auch seines Todes versprach ich ihm mit vielen Tränen in den Augen und seiner großen Hand in meiner, dass ich ihm einen Elch schießen werde. Auch wenn er kaum noch anwesend war, bin ich mir ganz sicher, und dafür gibt es zwei Zeugen, dass ihn meine durchdringende und laute Stimme erreicht hat.

Nun stand ich da, wild an meiner Vergrößerung des Zielfernrohrs drehend und wusste, dass das meine Chance war das Versprechen zu halten. Eigentlich wollte ich nur ein Kalb oder Schmaltier schießen, da mich Trophäen nicht sonderlich interessieren, aber dies war nun einmal ein junger Elchbulle und ich wollte kein Risiko eingehen. Der Elch fing an sich in Bewegung zu setzen, ich drehte meine Absehenschnellverstellung auf 180 m und schoss als der Elch kurz vor dem Wald noch einmal zu uns sicherte. Er brach sofort zusammen. Mein Jagdführer stand mit zugehaltenen Ohren hinter mir und fragte: „And, where is he?“ Ich dachte mir, dass eigentlich er mir das doch sagen sollte, sagte aber, dass er liegt. Wir gingen langsam zu ihm.

Als ich neben diesem unglaublich großen, langbeinigen Tier stand, brachen die Tränen aus mir heraus. Der arme Mann wusste gar nicht, was mit mir los war und fragte mich, ob ich traurig sei. Ich versuchte ihm die Situation zu erklären, gab aber irgendwann auf und war einfach glücklich und dankbar, dass heute „jemand“ ein Auge auf mich hatte. Ich bin niemand der nach Erlegungen weint, dies ist mir bisher zweimal passiert. Einmal bei „der Alten“ (ich berichtete) und einmal bei diesem Elch.

Ich rupfte ein paar der Deckenhaare ab und nahm die abgeschossene Patronenhülse mit. Diese werde ich gefüllt mit den Haaren bei der Beerdigung mit ans Grab legen. Versprochen ist versprochen!


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