Mein Leben als Exil-Niedersachse in Bayern ist traumhaft: Vati, mein Herzkäfer, ist selbstverständlich der allerbeste Mann an meiner Seite. Wir wohnen auf einer kleinen Hofstelle in einem rosa Haus, meine Hunde können alles sein- auch Manuel Neuer, ich habe tolle Jagdmöglichkeiten und die Leute hier sind grundsätzlich freundlich- wenn man sie denn versteht. Alles im Allem möchte ich sagen: es gibt nix zu meckern.

An einem Wochenende im November ließ es die Corona-Situation zu, dass wir 747 km quer durch Deutschland in meiner alten Heimat die Einladung zur Drückjagd wahrnehmen konnten, durften und wollten.

Kleine Rückblende an dieser Stelle: Die einladenden Revierpächter sind Miri und Kai. Miri lernte ich auf der Spurlautprüfung von Rudi kennen. Sie war viel, sehr sehr viel zu spät, vergaß beim Aussteigen aus dem Auto sich abzuschnallen, hatte ihre gesamte Ausrüstung zu Hause vergessen und nahm in „Ballerina-Trittchen“ in beige, einem dunkelblauen knieumspielenden Rock, weißer Bluse und Blazer an der Prüfung teil. Ein Bild für die Götter! Was für eine Tussi! Und nein, selbstverständlich habe ich gar keine Vorurteile gehabt…

Mit Miri’s Mann Kai habe ich den Kurs zum Jagdschein absolviert. Ein zurückhaltender, fröhlicher und sehr liebenswerter Mensch. Und zurückhaltend. Ruhig möchte ich sagen. Fast schon still.

Mit Kai blieb ich nach der bestandenen Prüfung eher in sehr losem Kontakt. Miri und ich waren da etwas reger. Eines Tages teilte sie mir mit, dass sie jemanden kennengelernt habe und sie heiraten wollten. Ich sei herzlich eingeladen und bei meiner Nachfrage stellte sich heraus, dass es sich bei dem Bräutigam um Kai handelte. Zufälle gibt’s, die gibt’s gar nicht!

Diese zwei lieben Menschen luden uns auch schon im letzten Jahr ein. Philipp mag nicht weg sein von „dahoam“. Außer Haus übernachten müssen grenzt schon fast an Höchststrafe. 747 km lassen sich jedoch nicht schön reden, aber er willigte dennoch ein, die Einladung anzunehmen. 746 km dieser Fahrt grummelte Vati vor sich hin: er könne nicht sitzen, wann wir endlich da wären, er müsse mal auf die Toilette, er habe Hunger, was so toll an Drückjagden in Niedersachsen sei, die könnten doch auch nicht anders sein als in Bayern, ob es wirklich nötig wäre, diese Ausflüge zu machen, und dann die zu bejagende Wildart Damwild, das sei ja nun wirklich das letzte, die hüpften so blöd, das wolle er nicht und ach ja, er könne auch nicht mehr sitzen, das Radioprogramm sage ihm nicht zu und er habe Hunger, müsse auf die Toilette und überhaupt…


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