Im letzten Jahr haben wir die jagdfreien Stunden am Tag zu Pferd verbracht. Stress war das, das kann ich Ihnen aber sagen. Frühes Aufstehen (gut für eine oder zwei von uns) frühstücken, Pferde fertigmachen, 3-4 Stunden reiten, essen, ansitzen. Es blieb eigentlich keine Zeit für die so nötigen Ruhephasen, vor allem nach den ausgiebigen Essensphasen. Denn neben der Jagd darf eins nicht zu kurz kommen und das ist Essen. Wunderbar wenn 7 Frauen, alle Typ „Muddi“ „auch ein bisschen was mitbringen.“ Gefühlt lehrt sich der Kühlschrank über die Woche nur insofern, dass wir die Tür ohne Panzertape zubekommen. Dieses Jahr wollten wir es also ein wenig ruhiger angehen. Nur jagen, schlafen und essen. Im Normalfall sind wir morgens immer auf Usedom rausgegangen und abends aufs Festland, in ein weiteres Revier, wo wir jagen dürfen, wo auch meine Lieblingswildessart zugegen ist: Damwild. Doch durch einen geistigen Aussetzer unsererseits haben wir dieses Jahr im August gebucht und nicht im September und so waren nur Schmaltiere und Spießer frei. Großartige Planung. Damwild haben wir auch direkt mehrfach gesehen, aber leider immer schon recht spät, sodass ein sicheres Ansprechen nicht mehr möglich war. So beschlossen wir uns abends die zwei Stunden Fahrt zu sparen und nur auf Usedom zu jagen, wir bekamen von einem lieben Bekannten vor Ort sogar noch sein Revier zur freien Verfügung hinzu. Uns standen sozusagen alle Türen offen.

Besonders stolz bin ich auf mein TÄGLICHES frühes Aufstehen, mehr oder weniger als einzige habe ich mich aus dem sehr gemütlichen Bett gequält, meine Jagdsachen übergestreift und meine Waffe geschultert und aus der Haustür ins Revier gestapft. Immer an meiner Seite der schwarze Blitz Fibi, ohne sie könnte ich mir ein Pirschen auf Usedom nicht vorstellen. Ohne ein Wort, nur mit Handzeichen versteht sie alles, was ich von ihr möchte. Es ist eine unheimliche Freude ihre Entwicklung und ihren Instinkt bei der Jagd zu beobachten. Wir tingelten also auf dem Deich, links Wasser, rechts Felder vor uns hin und während ich ca. 500 Graugänsen auf einem großen Stoppelacker durchs Fernglas beobachte, sehe ich doch ein eingerolltes, schlafendes Etwas. Ein Bock, eingerollt, wie ein Hund lag nur 90 m von mir entfernt in der Sonne und schlief. Ich richtete mich unter einer alten Eiche ein, Fibi legte sich ins Gras und wir warteten. Nach 20 Minuten, als ich gerade den Mädels schreiben wollte, dass sie beim Frühstück nicht auf mich warten sollen, kam Bewegung in den Gehörnten. Als er stand sah ich, dass er nur aus Haut und Knochen Bestand, sein Gehörn überhaupt nicht zum Rest des Körpers passte und entschied mich ihn zu erlegen. 9 Kilogramm brachte er auf die Waage, Becken- und Hüftknochen stachen hervor, kein schöner Anblick, aber ein gutes Gefühl, dass er, was auch immer er hatte, nicht mehr leiden muss.


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