Das Gericht stellt insoweit klar:

„(…) Das Ereignis, das zum Unfall des Klägers führte, hat sich mithin im Rahmen der Jagdausübung ereignet. Denn der Kläger hat ein krankgeschossenes Wildschwein verfolgt, um es zu erlegen. Die dem Jagdrecht nach § 1 BJagdG zuzuordnende Tätigkeit war zu diesem Zeitpunkt gleichsam noch nicht beendet (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R). Jedenfalls bei der Nachsuche stand das eigenwirtschaftliche Interesse des Klägers, nämlich die private Freude an der Jagd, im Vordergrund. Zu diesem Zeitpunkt war die Tätigkeit des Klägers als Ansteller auch im Wesentlichen beendet. (…)“

Aber auch die weitere Argumentationsschiene von Ulf, auch ein Waldarbeiter könne Ansteller sei, verfange im Ergebnis nicht. Denn Ulf habe damit klar zum Ausdruck gebracht, dass

(…) das Erlegen des krankgeschossenen Tieres zudem nicht zwingend mit der Funktion als Ansteller verbunden war. (…) auch ein Waldarbeiter, der keinen Jagdschein hat, Ansteller sein (…)“

könne.

Das Gericht führte unmissverständlich aus, dass

„(…) der Jagdgast neben seinem eigenen Interesse an der Jagd zugleich eine Pflicht des Jagdpächters erfüllt, macht ihn angesichts der eindeutigen Wertung in §§ 3 Abs. 2 Nr. 3, 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht zu dessen Wie-Beschäftigtem; nur wenn keine Jagd ausgeübt wurde und der Aufenthalt im Revier im Wesentlichen den Zwecken des Jagdpächters und seines Unternehmens gedient hat, kann eine Tätigkeit versichert sein (…).

Es entspricht vielmehr den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen der konkreten, zum Unfall führenden Verrichtung und der versicherten Tätigkeit bestehen muss, um einen Arbeitsunfall anzuerkennen. Nicht alle Verrichtungen eines Beschäftigten während der Arbeitszeit auf der Arbeitsstätte sind versichert, weil es außer in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII) in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Betriebsbann gibt (BSG, Urteil vom 12.12.2006, B 2 U 1/06 R). Dies gilt ebenso im Rahmen einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 SGB VII. (…)“

Einem Versicherungsschutz als Wie-Beschäftigtem nach § 2 Abs. 2 SGB VII steht zudem entgegen, dass Ulf nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich tätig geworden war.

„(…) Während das Hauptmerkmal einer Beschäftigung die persönliche Abhängigkeit ist, welche wiederum insbesondere durch die Tätigkeit nach Weisung und die Eingliederung in den Betrieb gekennzeichnet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV), ist eine unternehmerische (selbstständige) Tätigkeit durch die Selbstbestimmtheit, insbesondere die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, das Tragen des Unternehmensrisikos sowie eine eigene Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel geprägt (…).“

(…). § 2 Abs. 2 SGB VII will Versicherungsschutz auch in den Fällen gewähren, in denen selbst bei vorübergehenden Tätigkeiten die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses vorliegt (…). Die Verrichtung muss unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie ihrer Art nach den Umständen der Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt. Diese Einschränkung ist notwendig, weil § 2 Abs. 2 SGB VII keine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit vom Unternehmer voraussetzt (…).

Bei der Gesamtabwägung überwiegen hier die Merkmale, die für eine unternehmerähnliche Tätigkeit sprechen, denn, so das Gericht:

„(…) Ein Indiz dafür ist zunächst die Tatsache, dass der Kläger ausweislich seiner Einlassung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 24. März 2011 aufgrund seiner besonderen Gebietskenntnisse ausgewählt wurde und somit die Tätigkeit nicht nur Kenntnisse eines Jägers, sondern darüber hinaus noch spezielle Kenntnisse und Erfahrungen erforderte (…). Zudem war die Tätigkeit als Ansteller nach der Einlassung des Klägers nicht ungefährlich und ein hoher Gefährdungsgrad spricht eher gegen ein arbeitnehmerähnliches Tätig werden (…).

Auch die Tatsache, dass der Kläger Eigentümer des Werkzeuges, d.h. des Gewehrs war, welches er zum Erlegen des Wildschweines benötigt hätte, spricht für eine unternehmerische Tätigkeit (…), wenn auch aus der selbständigen Beschaffung der erforderlichen Arbeitsmittel allein noch nicht zwingend auf eine solche geschlossen werden kann (…). Einem Arbeitnehmer in abhängiger Beschäftigung wird in der Regel das notwendige Werkzeug gestellt (…).Der Kläger war auch am Unfalltag offenbar nicht den Weisungen des Jagdpächters oder des Jagdaufsehers unterworfen, sondern hatte – im Gegenteil – weitgehende Weisungsbefugnisse gegenüber den Schützen. Dies spricht ebenfalls für eine unternehmerähnliche Tätigkeit (…).

Dass der Kläger für seine Tätigkeit kein Entgelt erhielt, steht einer unternehmerähnlichen Tätigkeit nicht entgegen, da der Unternehmerbegriff keinen Geschäftsbetrieb oder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit verlangt (…). Die fehlende Entlohnung spricht sogar eher für eine unternehmerähnliche Tätigkeit. Während in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis die Entlohnung die Hauptleistung des Arbeitgebers ist, auf die freiwillig grundsätzlich nicht verzichtet wird, ist es bei der Leistung eines Unternehmers weniger atypisch, diese im Einzelfall auch mal ohne konkrete Gegenleistung in Geld zu erbringen, wenn sich der Unternehmer hiervon andere Vorteile (wie z. B. den Aufbau einer dauerhaften Geschäftsbeziehung) verspricht (…).

Das Gericht ging retrospektiv davon aus, dass sich Ulf einen entsprechenden Vorteil von seiner Tätigkeit als Ansteller versprach, nämlich, dass auch Volker und Jens ihn als Ansteller bei Gesellschaftsjagd in seinem Revier unterstützen würden. Dies entspreche der allgemeinen Handhabung unter Jagdpächtern, vor allem, wenn diese Nachbarreviere halten.


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