Fall 3:

Ben war Jagdpächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks und hatte eine Hütte in einer Kleingartenanlage gepachtet. Ben ist Jäger und Inhaber von zwei Waffenbesitzkarten, in welche insgesamt sieben Waffen eingetragen sind. Anfang August war es mit der Idylle in der Kleingartenanlage für Ben von jetzt auf gleich vorbei. Ein Parzelleninhaber teilte der Polizei mit, dass vor dem Eingang der Kleingartenanlage ein verschlossener PKW stünde, in welchem auf dem Beifahrersitz ein Jagdgewehr für jedermann offen einzusehen, befindet. Der Halter des PKW besitze in der Kleingartenanlage bekanntlich einen Bungalow und halte sich dort vermutlich auch auf. Der Anrufer sei auf das Jagdgewehr zufällig aufmerksam geworden, als er an dem PKW vorbeiging.

Die sodann alarmierten Polizeibeamten fanden bei Ankunft das Gewehr wie beschrieben vor, und suchten Ben in seinem Bungalow auf; er hatte weder die Gartentür noch die Hütte selbst verschlossen und lag in seinem Bett. Die Polizeibeamten konfrontierten Ben mit dem Sachverhalt und belehrten ihn sodann.

Ben gab an, dass er die Jagd unterbrochen hatte und sich nur schnell aus seiner nahegelegenen Hütte eine Jacke holen wollte, und daher das Gewehr auf dem Beifahrersitz nur kurz verwahren wollte. Eigentlich wollte es sich gar nicht dauerhaft zum Schlafen legen, sondern sich nur kurz ausruhen, die wärmere Jacke holen und dann wieder in sein Jagdrevier zur Wildschweinjagd fahren. Weil es vom Parkplatz fußläufig nur 300 m zu seiner Hütte gewesen seien, hatte Ben sein Gewehr im PKW belassen. Weil er in seiner Hütte auch gar keinen Waffenschrank installiert hatte, fand er sein kurzläufiges Gewehr nebst Munition besser im PKW mit getönten Scheiben zwischen der Sitzmulde verkeilt verwahrt.

Ben habe seine schmutzigen Schuhe ausgezogen und die Hütte betreten, um seine Jacke an sich zu nehmen. Als er sich dazu einen kurzen Moment auf das Bett gesetzt habe, sei er augenblicklich vom Schlaf übermannt worden.

Im Beisein von Ben suchten die Polizeibeamten sodann dessen PKW auf und nahmen das am Beifahrersitz hochgestellte Gewehr in Augenschein. Dabei wurde festgestellt, dass die Waffe schussbereit war. Auf Aufforderung der Polizeibeamten hin entnahm Ben die drei Patronen aus dem Gewehr. Mit dem Sachverhalt konfrontiert und nach Anhörung von Ben widerrief die Waffenbehörde u.a. die Waffenbesitzkarten und forderte zur Abgabe bzw. Unbrauchbarmachung seiner Waffen binnen Frist auf.

Ben wollte sich mit dieser Entscheidung nicht abfinden und durchlief den Verwaltungsrechtsweg. Gespannt wartete er auf die Urteilsverkündung.

Er kann es nicht fassen. Die Klage wurde abgewiesen. Aber warum? Weshalb ist er nach waffenrechtlichen Grundsätzen als unzuverlässig zu sehen?

Grund für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse nach § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG war, dass nachträglich Tatsachen eingetreten waren, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Voraussetzungen des § 4 WaffG nicht erfüllt sind, insbesondere wenn dem Betroffenen die gemäß § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahrt werden.

Ben wurde vorgeworfen, dass er weder seine Waffe noch die Munition gem. § 36 WaffG i.V. m. §§ 13, 14 AWaffV verwahrt und dafür gesorgt habe, dass diese vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt ist.

Das Gericht führte insoweit aus:

„(…) Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG dürfen Schusswaffen grundsätzlich nur getrennt von Munition aufbewahrt werden, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis erfolgt, das die dort im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen erfüllt. Für Inhaber eines gültigen Jagdscheins (…) gelten darüber hinaus Vorschriften, die auf die besondere Situation dieser Personengruppe zugeschnitten sind. Danach darf ein Jäger Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung einschließlich des Ein- und Anschießens im Revier, zur Ausbildung von Jagdhunden im Revier, zum Jagdschutz oder zum Forstschutz ohne Erlaubnis führen und mit ihnen schießen; er darf auch im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten die Jagdwaffen nicht schussbereit ohne Erlaubnis führen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WaffG). (…)“

Nach den auch polizeilich gesicherten Erkenntnissen hatte Ben sein geladenes Gewehr für etwa 2 ½ Stunden unbeaufsichtigt im PKW gelassen.

Auch die Privilegierungsvorschrift des § 13 Abs. 11 AWaffV komme Ben nicht zu Gute, da eine lediglich nur vorübergehende Aufbewahrung ausscheide angesichts der Dauer von mindestens für 2 ½ Stunden, in welcher er seine geladene Waffe aus dem Blick gelassen hatte. Von einem zuverlässigen Waffenbesitzer ist in jedem Fall zu erwarten, dass er seine Waffen ordnungsgemäß aufbewahrt. Für Ben erschwerend wertete das Gericht, das, hätten ihn die Beamten nicht geweckt, er vermutlich noch länger geschlafen hätte.

Das Gericht gelangte daher zu der abschließenden Wertung:

(…) Aufgrund des dargestellten Verstoßes gegen die Sorgfaltspflichten eines verantwortungsbewussten Waffenbesitzers ist Ben unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG. Unerheblich ist, dass es sich um ein einmaliges Ereignis handelt. Schon ein einmaliger Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten kann die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Selbst eine äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen, vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. August 2011 - 1 S 1391/11 - NVWZ-RR 2011, 815.(…)“

Ben hätte in jedem Falle, d.h., auch „im Zusammenhang“, nämlich zur Vorbereitung der Jagdausübung, sein Gewehr jedoch „nicht schussbereit“ im PKW transportieren dürfen.

Foto: wortinspektor.com / pixelio.de


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