Der Plan für die nächsten Stunden ist klar – wir pirschen weiter hinauf auf das Plateau, wo wir vielleicht weitere Gämse in Anblick bekommen werden. Obwohl Winfried immer Rücksicht auf mich nimmt, ist die Distanz zwischen uns immer einige Meter. Als wir fast oben sind, entdecken wir ca. 10 Stück auf 200 m Entfernung. Ein noch brunftiger Gamsbock treibt die Stücke weiter und so sehen wir sie schnell nicht mehr. Also geht es weiter bergauf. Eine Geiß mit drei Kitzen (!) und zwei Jährlingen kommt uns in Anblick. Wahnsinn, drei kleine Quälgeister hier oben in den Bergen und sie amüsieren uns köstlich. Wir müssen sogar laut auflachen, bei den Kunststücken, die die drei dort veranstalten.

Leider müssen wir weiter, denn hier ist nichts Passendes für uns bei. Auf dem Plateau angekommen sind wir etwas enttäuscht, keine einzige Gams ist irgendwo zu sehen. Was also tun... Winfried überlegt kurz und entscheidet sich wieder zurück zu gehen und nach dem brunftigen Bock zu schauen, den wir eben gesehen haben. Mir wird auf einmal sehr warm – klar, die Wolken sind weg und die Sonne scheint mit voller Wärme auf uns herab und setzt die Berge in ein atemberaubendes Licht. Es ist eine wunderschöne Kulisse – blauer Himmel und vor den Kanten der Bergen schauen über uns 4 Stücke herunter, vor uns beobachten uns weitere. Sie sind zu weit und besitzen eine strategisch gute Position, also keine Möglichkeit für uns sie näher anzupirschen.

Gut, dann heißt es zurück zu der Hütte. Der Weg ist steil und eisig, aber Winfried geht langsam vor mir und zeigt mir den Weg. Ab und zu brechen wir im Schnee bis zum Knie ein, einmal sogar bis zur Hüfte. Gegen drei Uhr sind wir wieder bei der Hütte und keine Gämse in Sicht. Was nun? Kommen sie wieder und wenn ja, wann? Noch bei Licht? Ich merke, dass Winfried ein Profi ist, der „sein“ Wild sehr gut kennt. Er ist die Ruhe selbst und versichert mir, dass sie kommen werden. Es ist noch genug Zeit. Langsam geht die Sonne unter und meine Hoffnung schwindet.


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