Nach einem verregneten Abend im Kreise der Jagdhornbläser stand ich schon um 5.00 Uhr morgens auf. Mitte November war die Nacht grau und schwarz, obwohl der Mond manchmal durch die Wolken blinzelte. Am Apfelkeller hielt ich an, um den Wind zu prüfen. Es blies ein scharfer, kalter Südwestwind. Insgesamt recht ungemütlich.

An den Aspen stellte ich den Wagen ab und wollte zum Waldrand pirschen. Von dort aus konnte ich die Wiesen über mir bis zum Horizont abglasen und war selbst gut gedeckt durch den dunklen Waldrand hinter mir. Aber mein Wind stand direkt in den Wald. Obwohl es noch stockdunkel war, konnte ich auf der Wiese lautlos pirschen.

Kaum war ich am Aspensitz angekommen, sah ich am Horizont ein Stück Rehwild. Ich pirschte munter drauflos und war nach wenigen Minuten schon bei der nächsten Waldecke. Da kam mir das Reh entgegen, ein weiteres im Schlepptau. Offensichtlich wollten sie in den Bestand wechseln, nur dass ich genau im Weg stand. Ich sprach gegen den hellen Horizont eine Geiß mit Geißkitz an. Theoretisch ein möglicher Abschuss, aber meine Sinne richtete sich auf den Keiler, der hier seit Wochen unbeirrt sein Unwesen mit Wiesen und Feldern trieb. Meinem Vater war er auch schon gekommen.

Die beiden Rehe kamen schnell näher und ich hätte mich gerne in Luft aufgelöst, um nicht zu stören. Aber die Geiß hielt geradewegs auf mich zu. Ich stand unbeweglich vor dem dunklen Hintergrund des Waldes und erst, als sie etwa fünf Gänge entfernt war, zuckte sie wie vom Blitz getroffen zusammen, um schleunigst im Bestand unterzutauchen. Glücklicherweise gingen sie lautlos ab und der scharfe Südwestwind nahm alle Geräusche mit. Kopfschüttelnd dachte ich mir: Vielleicht hätten sie sich in meinem Rucksack niedergetan, wenn ich ihn aufgemacht hätte?

Ich verhielt noch kurz und pirschte dann weiter bis zu einem Holzpolter, wo ich mich bis zum Tageslicht auf einem Stamm ansetzen wollte. Der Polter lag schon länger als ein Jahr, so dass der vordere Stamm mit hohen Brennnesseln verwachsen und es schier unmöglich war, lautlos Platz zu nehmen, zumal das Herbstlaub schon knöcheltief lag.


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