Des Jägers Recht: Jagdgast als Ansteller unfallversichert?
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Des Jägers Recht: Jagdgast als Ansteller unfallversichert?

Text Sandra E. Pappert

Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit der nicht seltenen Situation: ein Jagdgast wird vom Pächter als Ansteller bei einer Gesellschaftsjagd tätig. Als Jagdgast ist man in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht versichert; das persönliche Interesse, die Freude an der Jagd überwiegt dabei. Wie sieht es aber aus, wenn dem Ansteller ein Unfall während der Abholung der Schützen widerfährt? Man sollte meinen, alles kein Problem. Dem ist unter Umständen aber nicht so…

Der Fall:

Ulf begehrt die Anerkennung eines Unfalls im Rahmen der Jagdausübung als Arbeitsunfall. Ulf ist Jagdpächter und Inhaber eines gültigen Jagdscheines. Volker, Pächter des benachbarten Jagdreviers, beabsichtigte, mit Hilfe seines Jagdaufsehers Jens eine Gesellschaftsjagd zu veranstalten, an der insgesamt etwa 100 Schützen teilnehmen sollten. Volker bat Ulf, als Ansteller mitzuwirken. Aufgabe der Ansteller ist es, die Schützen an die Stände zu führen, sie einzuweisen, die Schussbereiche festzulegen, mitzuteilen, auf welches Wild geschossen wird und wann die Schützen abgeholt werden. Nach Ende der Jagd haben die Ansteller die Schützen von den Ständen abzuholen und sie zu fragen, was geschossen wurde und ob es eventuelle Nachsuchen gäbe.

Für die Drückjagd wurde Ulf als Ansteller offiziell gelistet. Etwa eine Woche vor der Drückjagd trafen sich Volker – Jagdleiter - mit Ulf und den weiteren Anstellern, um die Stände einzuteilen, die Jagdbereiche zu begehen und den Jagdablauf insgesamt vor zu besprechen. Volker übertrug Befugnisse als Jagdleiter auf die Ansteller, unter anderem Weisungen gegenüber den Schützen zu erteilen sowie die Zuständigkeit, nach Ende der Jagd angeschossenes Wild mittels brauchbarem Hund nachzusuchen und es zu erlegen. Ulf hatte zudem wie die anderen Jagdgäste auch, die Erlaubnis im Rahmen der Gesellschaftsjagd im Revier zu schießen. Ulf hatte jedoch für sich persönlich beschlossen, dass ihm seine Aufgaben und die damit verbundene Verantwortung als Ansteller völlig genügen; schießen wollte er daher an diesem Tag nicht.

Am Tag der Gesellschaftsjagd, nachdem alle Jagdteilnehmer begrüßt und belehrt wurden, hatte Ulf die Schützen weisungsgemäß angestellt. Nach Ende des Treibens fuhr Ulf die von ihm zu sichernden Stände an, um die Schützen abzuholen. Auf dem Weg zum Schützen erkannte er, dass sich wohl ein krankgeschossenes Wildschwein wenige Meter entfernt in der Dickung drückte. Ulf, der sein Gewehr bei sich trug, lief gemeinsam mit einem anderen Schützen dem Wildschwein hinterher, um es zu erlegen. Unglücklicherweise trat er währenddessen mit dem linken Fuß in eine Mulde und zog sich einen Schienbeinbruch zu. Ulf beantragte entsprechende Entschädigungsleistungen bei der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Unfallversicherung lehnte dies ab.

Zur Begründung verwies die gesetzliche Unfallversicherung darauf, dass Ulf selbst als Jagdgast – und damit Schütze - an der Gesellschaftsjagd partizipiert habe. Das Anstellen der ihm zugewiesenen Schützen habe eine reine Gefälligkeitshandlung dargestellt und sei keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII. Ulf sei allein aus jagdfreundschaftlicher Bindung zum Unternehmer Volker der Gesellschaftsjagd tätig geworden. Die gesamte Teilnahme an der Jagdgesellschaft sei sog. „private Liebhaberei“. Diese sei von § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nicht vom Versicherungsschutz erfasst.

Ulf wollte die Entscheidung nicht auf sich sitzen lassen und legte gegen den Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass er seine Schienbeinfraktur bei der Ausübung seiner Pflichten, die ihm vom Jagdleiter übertragen worden seien, erlitten habe. Angesichts der Größe der Gesellschaftsjagd sei es erforderlich gewesen, dass der Jagdleiter seine Kompetenzen auf Jagdhelfer übertragen habe. Nach Ende der Jagd dürfe ausschließlich der Jagdpächter/Jagdleiter und der Jagdaufseher, im vorliegenden Fall auch der Ansteller Ulf, angeschossenem Wild nachgehen. Damit sei seine Jagdteilnahme nicht der privaten Liebhaberei, sondern der Jagdausübung, zuzurechnen. Auf eine eigene Teilnahme an der Jagd habe Ulf im Ergebnis aus zeitlichen Gründen vollständig verzichtet. Insbesondere bei einer „nicht jagdgasttypischen Tätigkeit“ wie das Anstellen könne Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII bestehen. Die Tätigkeit, die er für Volker ausgeführt habe, habe dessen Unternehmen als Jagdpächter gedient. Das Anstellen könne auch von fest eingestellten Arbeitnehmern verrichtet werden und sei gleichsam arbeitnehmerähnlich, da im Vorfeld Weisungen erteilt und Verantwortungsbereiche übertragen worden seien. Von einer Gefälligkeitshandlung könne daher nicht die Rede sein.

Der von Ulf eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen. Ulf erhob hiergegen Klage beim Sozialgericht. Ulf erweiterte seine bisherige Begründung:

Allein weil er ein erfahrener Jäger – anders als die von ihm angestellten Jagdgäste - gewesen sei, habe er die Situation erkannt und im Sinne des Tierschutzes schnell entscheiden und handeln können, nämlich, dass eine krankgeschossene Sau nachgesucht werden müsse. Insbesondere aber habe er auch aufgrund seiner Eigenschaft als stellvertretender Jagdleiter im Sinne von § 4 Abs. 5 der UVV Jagd handeln müssen. Sodann wies das Sozialgericht die Klage ab.

Das Sozialgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Tätigkeit als Ansteller eine Gefälligkeitshandlung darstelle, die unter Jägern auf Gegenseitigkeit beruhe und selbstverständlich übernommen werde; eine Beschäftigung und auch eine „Wie-Beschäftigung“ seien nicht anzunehmen. Hinzukomme, dass sich Ulf gar nicht während seiner Tätigkeit als Ansteller verletzt habe. Ulf habe sich verletzt, als er ein krankgeschossenes Wildschwein verfolgt habe, um es zu erlösen. Dieser Vorgang gehöre zum Kern der Jagd nach § 1 Abs. 4 BJagdG und sei damit nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vom Unfallversicherungsschutz ausgenommen.

Ulf wollte sich mit dieser Entscheidung nicht abfinden und ließ Berufung hiergegen führen.

Zur Begründung führt er aus: 1. Es komme durchaus vor, dass auf anderen Gesellschaftsjagden die Ansteller bezahlt werden. 2. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.11.2004, L 2 U 268/04, habe bereits entschieden, dass die Tätigkeit als Ansteller für einen Jagdgast untypisch sei. 3. Zudem gäbe es eine entscheidende Parallele zu seinem Fall, denn der Unfall habe sich in diesem Rechtsstreit während des Anstellens der Schützen ereignet. Bei Ulf wiederum gäbe es nur den Unterschied, dass sich der Unfall ereignete, als er als Ansteller nicht anstellen, sondern die Schützen wieder abholen wollte; eine originäre Aufgabe des Anstellers nach Beendigung der offiziellen Jagdzeit.
4. Ferner sei er zum Anschuss des Wildschweines allein deshalb gelangt, weil er sich auf dem Weg zu den Schützen befunden habe, diese wieder abzuholen. Er habe daher, als er das Wildschwein nachgesucht habe, allein in seiner Eigenschaft als Ansteller gehandelt und sei nicht plötzlich fiktiv in die Stellung eines Jagdgastes gewechselt; als Schütze sei er an dem ganzen Tag nicht tätig geworden. 5. Im Übrigen müsse man als Ansteller nicht zwingend Jäger und damit Jagdgast sein, denn diese Aufgabe könne auch ein Waldarbeiter übernehmen.

Ulf erwartet mit einer gewissen Anspannung das Urteil des Hessischen Landessozialgericht, Urteil vom 25. März 2014 – L 3 U 128/11. Als Ulf die ersten Zeilen des Urteils liest, ist er betrübt…das Gericht hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Der Unfall, den Ulf erlitten hat, sei nicht als ein Arbeitsunfall zu werten.

Denn

„(…) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis, dem Unfallereignis, geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, (…)“

Ausgehend von diesen Grundsätzen war Ulf bei seinem Sturz demnach nicht gesetzlich unfallversichert.

Ulf war auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII gesetzlich unfallversichert.

Danach sind Personen kraft Gesetzes versichert, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind. Nach § 123 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII gehören Jagden zu den landwirtschaftlichen Unternehmen. Unternehmer ist derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht (§ 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Jagdunternehmer sind danach diejenigen, denen das Recht zusteht, in eigenen oder fremden Geländen wildlebende jagdbare Tiere zu hegen und zu erlegen, mithin die Jagdrechtsinhaber (…). Jagdrechtsinhaber sind der Eigentümer, (…), die Jagdgenossen und der Jagdpächter. Ulf falle jedoch gerade nicht unter die vorgenannte Definition, denn er

„(…) war zwar im Zeitpunkt des Unfalls Jagdpächter, nicht aber im Hinblick auf das Revier, in dem der Unfall geschehen ist. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die eine Teilnahme an einer fremden Jagd als bedeutend für sein eigenes Jagunternehmen erscheinen lassen könnten. Insbesondere ist ein Jagdpächter, der auf Einladung eines Reviernachbarn in dessen Revier an einer Jagd teilnimmt, hierbei auch dann nicht als Jagdunternehmer versichert, wenn er durch die Teilnahme an der Jagd Kenntnisse über den Wildbestand – auch seiner eigenen Jagd – erlangt und außerdem den Gastgeber nach Jägerbrauch zur Mitwirkung bei seiner eigenen Jagd verpflichtet (…).

Fernerhin stand Ulf auch in keinem Beschäftigtenverhältnis zum Jagdunternehmer Volker sowie dessen Jagdaufseher Jens, weshalb er auch nicht aus Gründen einer nichtselbständigen Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert war.

Das Gericht konstatierte zudem, dass Ulf auch nicht als sog. „Wie-Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert gewesen sei. Denn

(…) Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII erfordert eine ernsthafte, einem fremden Unternehmen zu dienen bestimmte und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte und in der Regel verrichtet wird, die in einem fremden Unternehmen dafür eingestellt sind (BSG, Urteil vom 27.03.2012, B 2 U 5/11 R).(…)“

Und weiter:

„(…) dass Tätigkeiten, die in den Bereich des Privatlebens gehören, nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen (…) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz am Ende SGB VII besteht die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung nicht für Jagdgäste. (…)“

Der Gesetzgeber hat damit bewusst gewollt, dass gerade die in § 3 Abs. 2 Nr. 3 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII benannten Personen (d.h., u.a. Haushaltsführende, (…) und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste) keinen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten sollen.

Weil Ulf zum Zeitpunkt des Unfalls als Jagdgast gejagt habe, komme auch eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nicht in Frage.

Das Gericht erläuterte in diesem Zusammenhang die Definition der arbeitnehmerähnlichen, gesetzlich unfallversicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII und der privaten unversicherten Tätigkeit als Jagdgast.

Wichtig sei in jedem Falle, dass bei Vornahme der Abgrenzung darauf geachtet werden müsse, dass ausschließlich auf die konkret zum Unfall führende Tätigkeit abzustellen sei, unabhängig davon, ob der Verletzte zu einem früheren Zeitpunkt vielleicht in anderer Funktion im Revier tätig war (…).

Ein Jagdgast sei jedenfalls nur dann gesetzlich unfallversichert

„(…) wenn er jagdfremde Tätigkeiten, die nicht mehr zur eigentlichen typischen Jagdausübung gehören, verrichtet (…).“

Ulf war grundsätzlich berechtigt, als Jagdgast bei der Gesellschaftsjagd zu jagen. Nach der Überzeugung des Gerichts hat Ulf auch gejagt bzw. die Jagd ausgeübt:

Das Jagdrecht definiere sich mangels anderweitiger Definition im Sozialrecht nach § 1 Abs. 1 BJagdG. Demnach sei darunter

„(…) die ausschließliche Befugnis zu verstehen, auf einem bestimmten Gebiet wild lebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen (Wild), zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild (§ 1 Abs. 4 BJagdG). Nach § 22a Abs. 1 BJagdG ist krankgeschossenes Wild unverzüglich zu erlegen, einschließlich der Nachsuche. (…)“

Das Gericht stellt insoweit klar:

„(…) Das Ereignis, das zum Unfall des Klägers führte, hat sich mithin im Rahmen der Jagdausübung ereignet. Denn der Kläger hat ein krankgeschossenes Wildschwein verfolgt, um es zu erlegen. Die dem Jagdrecht nach § 1 BJagdG zuzuordnende Tätigkeit war zu diesem Zeitpunkt gleichsam noch nicht beendet (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R). Jedenfalls bei der Nachsuche stand das eigenwirtschaftliche Interesse des Klägers, nämlich die private Freude an der Jagd, im Vordergrund. Zu diesem Zeitpunkt war die Tätigkeit des Klägers als Ansteller auch im Wesentlichen beendet. (…)“

Aber auch die weitere Argumentationsschiene von Ulf, auch ein Waldarbeiter könne Ansteller sei, verfange im Ergebnis nicht. Denn Ulf habe damit klar zum Ausdruck gebracht, dass

(…) das Erlegen des krankgeschossenen Tieres zudem nicht zwingend mit der Funktion als Ansteller verbunden war. (…) auch ein Waldarbeiter, der keinen Jagdschein hat, Ansteller sein (…)“

könne.

Das Gericht führte unmissverständlich aus, dass

„(…) der Jagdgast neben seinem eigenen Interesse an der Jagd zugleich eine Pflicht des Jagdpächters erfüllt, macht ihn angesichts der eindeutigen Wertung in §§ 3 Abs. 2 Nr. 3, 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht zu dessen Wie-Beschäftigtem; nur wenn keine Jagd ausgeübt wurde und der Aufenthalt im Revier im Wesentlichen den Zwecken des Jagdpächters und seines Unternehmens gedient hat, kann eine Tätigkeit versichert sein (…).

Es entspricht vielmehr den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen der konkreten, zum Unfall führenden Verrichtung und der versicherten Tätigkeit bestehen muss, um einen Arbeitsunfall anzuerkennen. Nicht alle Verrichtungen eines Beschäftigten während der Arbeitszeit auf der Arbeitsstätte sind versichert, weil es außer in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII) in der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Betriebsbann gibt (BSG, Urteil vom 12.12.2006, B 2 U 1/06 R). Dies gilt ebenso im Rahmen einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 SGB VII. (…)“

Einem Versicherungsschutz als Wie-Beschäftigtem nach § 2 Abs. 2 SGB VII steht zudem entgegen, dass Ulf nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich tätig geworden war.

„(…) Während das Hauptmerkmal einer Beschäftigung die persönliche Abhängigkeit ist, welche wiederum insbesondere durch die Tätigkeit nach Weisung und die Eingliederung in den Betrieb gekennzeichnet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV), ist eine unternehmerische (selbstständige) Tätigkeit durch die Selbstbestimmtheit, insbesondere die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, das Tragen des Unternehmensrisikos sowie eine eigene Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel geprägt (…).“

(…). § 2 Abs. 2 SGB VII will Versicherungsschutz auch in den Fällen gewähren, in denen selbst bei vorübergehenden Tätigkeiten die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses vorliegt (…). Die Verrichtung muss unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie ihrer Art nach den Umständen der Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt. Diese Einschränkung ist notwendig, weil § 2 Abs. 2 SGB VII keine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit vom Unternehmer voraussetzt (…).

Bei der Gesamtabwägung überwiegen hier die Merkmale, die für eine unternehmerähnliche Tätigkeit sprechen, denn, so das Gericht:

„(…) Ein Indiz dafür ist zunächst die Tatsache, dass der Kläger ausweislich seiner Einlassung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 24. März 2011 aufgrund seiner besonderen Gebietskenntnisse ausgewählt wurde und somit die Tätigkeit nicht nur Kenntnisse eines Jägers, sondern darüber hinaus noch spezielle Kenntnisse und Erfahrungen erforderte (…). Zudem war die Tätigkeit als Ansteller nach der Einlassung des Klägers nicht ungefährlich und ein hoher Gefährdungsgrad spricht eher gegen ein arbeitnehmerähnliches Tätig werden (…).

Auch die Tatsache, dass der Kläger Eigentümer des Werkzeuges, d.h. des Gewehrs war, welches er zum Erlegen des Wildschweines benötigt hätte, spricht für eine unternehmerische Tätigkeit (…), wenn auch aus der selbständigen Beschaffung der erforderlichen Arbeitsmittel allein noch nicht zwingend auf eine solche geschlossen werden kann (…). Einem Arbeitnehmer in abhängiger Beschäftigung wird in der Regel das notwendige Werkzeug gestellt (…).Der Kläger war auch am Unfalltag offenbar nicht den Weisungen des Jagdpächters oder des Jagdaufsehers unterworfen, sondern hatte – im Gegenteil – weitgehende Weisungsbefugnisse gegenüber den Schützen. Dies spricht ebenfalls für eine unternehmerähnliche Tätigkeit (…).

Dass der Kläger für seine Tätigkeit kein Entgelt erhielt, steht einer unternehmerähnlichen Tätigkeit nicht entgegen, da der Unternehmerbegriff keinen Geschäftsbetrieb oder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit verlangt (…). Die fehlende Entlohnung spricht sogar eher für eine unternehmerähnliche Tätigkeit. Während in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis die Entlohnung die Hauptleistung des Arbeitgebers ist, auf die freiwillig grundsätzlich nicht verzichtet wird, ist es bei der Leistung eines Unternehmers weniger atypisch, diese im Einzelfall auch mal ohne konkrete Gegenleistung in Geld zu erbringen, wenn sich der Unternehmer hiervon andere Vorteile (wie z. B. den Aufbau einer dauerhaften Geschäftsbeziehung) verspricht (…).

Das Gericht ging retrospektiv davon aus, dass sich Ulf einen entsprechenden Vorteil von seiner Tätigkeit als Ansteller versprach, nämlich, dass auch Volker und Jens ihn als Ansteller bei Gesellschaftsjagd in seinem Revier unterstützen würden. Dies entspreche der allgemeinen Handhabung unter Jagdpächtern, vor allem, wenn diese Nachbarreviere halten.


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