Scharfer Typ – Messermacher Stefan Mattner im Interview
Wissen

Scharfer Typ – Messermacher Stefan Mattner im Interview

Text Johannes Maidhof
Bilder Stefan Mattner

Neben dem Gewehr, gehört ein ordentliches Messer zu den wichtigsten Werkzeugen eines Jägers.

Neben speziellen Einsatzgebieten, wie zum Abfangen oder Aufbrechen, führen wohl die meisten Grünröcke ein alltagstaugliches Allroundmesser bei sich, sobald es ins Revier geht. Manchen reicht dabei ein reines Arbeitsmesser, ohne großartig Schmuck und Zierde, mit Plastikscheide und Gummigriff, andere legen hier großen Wert auf hochwertige Verarbeitung und natürliche; bewährte Materialien.

Da Perfektion meist von Hingabe kommt, haben Messerbauer deshalb einen guten Ruf. In Handarbeit werden von ihnen individuelle Einzelstücke gefertigt, im Gegensatz zu industrieller Massenware. Persönliche Geschmäcker aber auch ergonomische Besonderheiten können so direkt für den Endnutzer angepasst werden, das Messer wird somit nicht zum bloßen Werkzeug, sondern zum verlässlichen Wegbegleiter möglicherweise über mehrere Generationen.

Stefan Mattner, gelernter KFZ-Mechaniker und Groß- und Außenhandelskaufmann aus dem Jerichower Land in Sachsen-Anhalt, hat schon früh seine Faszination für Messer entdeckt. Vor drei Jahren begann er seine eigenen Schneidwerkzeuge zu fertigen und stellt heute in passionierter Handarbeit Jagd-, Küchen-, und Outdoormesser her.

Im Interview mit WIR JAGEN erzählt der 37-jährige was ihn an seinem Handwerk so begeistert.

Wie bist du dazu gekommen, eigene Messer herzustellen?

Schon seit frühester Kindheit habe ich mich für Messer begeistert und hatte viele Taschenmesser verschiedenster Ausführungen. Die verschiedene Klingenformen, die Einsatzzwecke, aber auch die verwendeten Materialien übten eine hohe Faszination auf mich aus. Als gelernter KFZ-Mechaniker stamme ich ja aus einem metallverarbeitenden Beruf und habe deshalb schon diverse Grundkenntnisse. Alles Weitere habe ich autodidaktisch, durch Fachliteratur, Video-Tutorials und natürlich praktisches Experimentieren erlernt. Jede Erfahrung, auch wenn mal etwas schiefgeht, bringt einen weiter.

Welche Messer kann man bei dir ordern?

Zu meiner Kundschaft zählen Jäger, Angler, Bushcrafter usw. also Menschen die die Messer praktisch nutzen. Obwohl ich auch großen Wert auf Ästhetik lege, sollen meine Produkte nicht in der Vitrine fristen. Ich fertige eher Allrounder als für einen konkreten Einsatzzweck. Ein Abfangmesser nach Kundenwunsch war da meine speziellste Auftragsarbeit. Im Moment versuche ich mich im Bereich Küchenmesser, wertige Werkzeuge die zu einem Highlight in der Küche werden.

Hast du einen Kassenschlager? Welche Messer verkaufen sich besonders gut?

Ja, zum Beispiel das Dingo, ein handliches Dreifingermesser mit ungefähr 13 – 14 cm Gesamtlänge und 60 – 65 mm Klinge. Außerdem das Scout, eine SpearPoint Klinge, ähnlich einem Jagdnicker, 22 cm Gesamtlänge und 90 – 95 mm Klinge. Zuletzt das Pike; in etwa die gleichen Maße wie das Dingo, ein kleines scharfes Messer, dass auch von Jägern gerne genommen wird, zum Beispiel zum Ringeln.

Wie muss man sich einen Arbeitstag von dir vorstellen?

Ich mache ausschließlich Internetvertrieb, habe also kein Ladengeschäft. Dadurch bin ich relativ flexibel in meiner Zeiteinteilung, was für mich als Ein-Mann-Betrieb auch sehr wichtig ist. Da ich auch das komplette Marketing und die Kommunikation in den sozialen Medien selbst stemme, liegt der Schwerpunkt auch nicht immer nur in der Werkstatt.

An einem typischen Arbeitstag schau ich meist erstmal ins eMail-Postfach, was an Kundenaufträgen eingegangen ist. Meistens folgt dann noch die Feinabstimmung mit dem Kunden per Telefon. Sodann erstelle ich eine technische Zeichnung und dann geht’s ab in die Werkstatt. Feste Arbeitszeiten habe ich keine, manchmal sitze ich auch nur im Büro und erledige Papierkram, außerdem mache ich ja auch den kompletten Vertrieb selbst. Ich versuche meinen Arbeitstag mit etwa 8 Stunden täglich zu gestalten, aber wenn es viele Aufträge gibt oder Messen anstehen, bin ich auch mal 10 – 12 Stunden in der Werkstatt.

Kannst du uns kurz einen Überblick verschaffen, welche Arbeitsschritte notwendig sind, um ein Messer herzustellen?

Steht die Messerform fest, schneide ich sie zuerst aus dem Stahlkörper aus, danach folgt der Anschliff für die Schneide. Im Anschluss folgen kleinere Arbeiten wie zum Bespiel Löcher für die Griffschalen bohren, Daumenriffelungen oder Schleifkerben anbringen und ich stanze mein Logo ein. Was natürlich nicht fehlen darf, ist das Härten des fertigen Klingenrohlings. Dazu bringe ich den Stahl – je nach Sorte – in meiner selbst gebauten Gasesse auf ca. 850 – 900 °C, und tauche ihn dann in spezielles Härteöl. Das kann man sich wie „abschrecken“ unter kaltem Wasser vorstellen. Der nun gehärtete Klingenrohling wird danach bis zur Endhärte separat angelassen, das heißt die Klinge wird für etwa zweimal eine Stunde im Backofen auf 150 – 180 Grad Celsius erwärmt. Die Klinge bekommt dann zum Schluss noch ihr Finish.

Sind diese Arbeitsschritte erledigt, geht es an den Griff. Ich wähle das gewünschte Material, verklebe es mit der fertigen Klinge, schleife die passende Form und zum Schluss wird der Messergriff noch geölt und hierdurch versiegelt. Die Schneidfase ist der letzte Arbeitsschritt am fertigen Messer.

Auf Wunsch kann ich auch Logos, Initialien oder andere Beschriftungen in die Griffschalen lasern, je nach Aufwand nimmt ein Messer im Durchschnitt ca. 10 – 20 Stunden in Anspruch.

Welche typischen Fehler werden beim Messergebrauch bzw. der Pflege gemacht?

Mir zieht es den Magen zusammen, wenn mit Klingen gehebelt wird! Außerdem gehören hochwertige Messer nicht in die Spülmaschine!!! Das Salz in den Reinigungstabs greift den Stahl an und sorgt für Ausbrüche an der Schneidfase. In der Regel genügt es das Messer mit Spüli und warmem Wasser zu säubern. Wird das Messer längere Zeit nicht benutzt, sollte die Klinge mit lebensmittelechtem, ungiftigem Pflegeöl (z.B. Ballistol) behandelt werden. Holzgriffe bleiben mit Leinöl oder Möbelölen schön und haltbar.

Bei meinen Messern liegt immer eine Reinigungs- und Pflegeempfehlung bei.

Hast du eine Empfehlung für Schliff und Erhaltung der Schärfe?

Meine Messer versehe ich meistens mit einem Flachschliff (andere Schliffe sind natürlich auch möglich), dieser ist der Allrounder unter den Schliff-Varianten und bildet einen guten Kompromiss zwischen Schnitthaltigkeit und Schärfegrad. So lange keine Ausbrüche in der Schneide sind, reicht das Abziehen mit Leder und Polierpaste um den Grad wiederaufzurichten. Mit dem klassischen Wetzstahl geht es natürlich auch.

Sollte es wirklich mal stumpf sein, ist für den Laien beispielsweise das Lansky Schärfset empfehlenswert bzw. andere, baugleiche Geräte. Ich schleife meine Messer maschinell mit der Schleifmaschine oder dem Bandschleifer.

Welche Materialien verwendest du?

Ich arbeite am liebsten mit Kohlenstoffstahl. Dieser ist relativ einfach zu verarbeiten und lässt viele Möglichkeiten zu. Bei den Kundenaufträgen ist aber eine Tendenz zu rostträgen Stählen klar erkennbar. Dieser ist durch den Chromanteil pflegeleicht und robust, hat aber nicht so eine lange Schnitthaltigkeit wie Kohlenstoff-Stähle. Die meisten wollen einen dunklen Griff, hier verwende ich oft Zirikote-Holz oder Micarta, wer es möchte, kann aber auch exotische, seltene Hölzer haben, z. B. Wüsteneisen. Es gibt aber auch sehr spezielle Rohstoffe, wie Mammut-Backenzahn. Dieser stammt aus Sibirien und ist natürlich äußerst exklusiv.

Was macht für dich den besonderen Reiz an deiner Arbeit aus?

Ich habe meinen Traumjob gefunden, weil ich den ganzen Tag meiner großen Leidenschaft nachgehen kann. Außerdem ist die Selbstständigkeit eine große Verantwortung, aber eben auch für mich maximale Freiheit. Ich möchte keine Angestellten, vor allem nicht in der Werkstatt, denn jedes Messer ist ein Unikat, von mir persönlich hergestellt und erhält meine Signatur. Ich liebe es ein Werkstück entstehen zu lassen, vom Rohling bis zum fertigen Stück, das fasziniert mich jedes Mal aufs Neue. Auch die persönliche Weiterentwicklung mit jedem Auftrag, besonders bei speziellen Wünschen, bringt mich jedes Mal weiter und erweitert meinen Horizont. Man wächst mit jeder Aufgabe.

Und welche beruflichen Ziele schweben dir noch vor?

Ich möchte die Marke wachsen lassen und zu einem festen begriff in der Branche werden. Die namenhaften Hersteller nehmen einen großen Platz ein, produzieren diese fast ausschließlich Massenware in industrieller Fertigung. Daneben sehe ich eine gute Möglichkeit mich mit meiner Manufaktur zu behaupten. Langfristiges Ziel ist es natürlich, dass ich als Messermacher in Ruhestand gehe, also diesen Beruf bis ans Ende meines Arbeitslebens in Selbstständigkeit ausüben kann.

Wer sich für Messer aus dem Hause Stefan Mattner interessiert, für den lohnt sich ein Blick auf seine Homepage: www.mattners-messer.de


Laden...