Praxis

In der Praxis stellt sich dann natürlich die alles entscheidende Frage, ob auf Grundlage dieser Berechnung eine Veränderung des Haltepunktes notwendig ist? Wir gehen mal davon aus, dass jeder seine Waffe nach eingeschossen hat. In diesem Fall haben Sie genaue Kenntnisse über die GEE und die „Pointblank Range“ Ihrer Waffe, was für den Schuss im Hochgebirgsrevier unerlässlich ist. Wir möchte Ihnen nun veranschaulichen, wie Sie mit Hilfe dieser theoretischen Grundlagen herausfinden können, ob und wie Sie den Haltepunkt verlegen müssen.

Aus diesem Grund haben wir nachfolgend eine Tabelle mit den ballistischen Grunddaten von der Munition .308 Winchester mit 168 grs erstellt. Verschossen wird diese Munition aus einer Standardrepetierbüchse mit 24‘‘ Lauf, 8 cm Visiererhöhung, die auf GEE 190m eingeschossen wurde (Pointblank range 225m). Der Tabelle können Sie entnehmen, dass das Projektil zum ersten Mal bei 45 m die Visierlinie schneidet, auf 100 m einen Hochschuss von 3,7 cm und auf 225 m einen Tiefschuss von 4 cm vorweist. Nehmen wir die tödliche Trefferzone einer Gams vom 8cm, so kann ich auf der vollen Strecke von 35 m bis 225 m immer Zielmitte anhalten und werde immer innerhalb des tödlichen Bereichs der Gams liegen.

Das vorangegangenen Werte beziehen sich auf einen Schuss in der Horizontalen. Verändern Sie den Winkel verkürzen Sie auch die relative Distanz zum Ziel. Nehmen wir nun an Sie schießen mit einem Winkel von 45° auf eine Distanz von 310 m: In der Praxis würden nun viele Jäger einfach aufgrund der Entfernung versuchen tiefer anzuhalten. Aber ist das denn wirklich notwendig? Wenn man wie gezeigt die relative Distanz über den Cosinus berechnet, müssten Sie den Haltepunkt nicht verlagern. Der Cosinus von 45° ist 0,7, multipliziert mit 310 m, ergibt 224 m. Zuvor haben wir festgestellt, dass die Beispielwaffe eine „Pointblank Range“ von 225 m hat, somit liegen wir trotz des Winkels immer noch innerhalb der tödlichen Trefferzone einer Gams. Demzufolge liegt der Schuss rechnerisch im Leben.

Allerdings lässt das mathematische Modell völlig außer Acht, dass man in einem steilen Winkel auf ein dreidimensionales Ziel schießt. Als Jäger wollen Sie die lebenswichtigen Organe des Stückes treffen und nicht lediglich in das Wild hineinschießen. Aus diesem Grund sind neben der genauen Kenntnis der Lage der inneren Organe des Wildes auch die Kenntnisse über die Besonderheiten beim Schießen auf dreidimensionale Ziele essentiell wichtig. Hierzu wird es einen weiteren Artikel geben.

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Winkelschuss zwar Auswirkungen auf die Treffpunktlage hat, allerdings kaum jagdlich relevant ist. Schießt man lediglich auf Distanzen bis 150m und in einem Winkel unter 45° kann man in den meisten Fällen ohne Verlagerung des Haltepunktes schießen. Neben dem Winkel beim Schießen, gibt es natürlich weitere Einflüsse, die man beim Schießen im Hochgebirge zu bedenken hat. Die außenballistischen Faktoren, wie Höhenlage, Luftdruck, Temperatur und den Wind, haben in der Praxis dabei einen deutlich stärkeren Einfluss, als die physikalischen Bedingungen eines Winkelschusses. Daher werden wir diese und weitere Themen in zukünftigen Artikeln vertiefen.

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