Nun, in meinem letzten Urlaub erreichte mich dann eine dieser elektronischen Kurznachrichten auf dem Handy mit einer knappen Einleitung, „Das glaubst Du nicht!“ Ich ließ mir dies Erlebnis dann doch lieber erst einmal richtig erzählen. Diesmal trug es sich im Lipperland zu, etwa gegen neun Uhr am Abend des 29. Oktobers 2016. Herbstliches Wetter, trocken, kühl bei vielleicht 5°C, saß mein Freund auf Sauen an - „Auf der alten Rinderweide“. Der Wiese, auf der nicht ganz mittig, aber mit gutem Abstand zum Waldrand, eine Kanzel mit „Terrasse“ auf einem alten Miststreuer thronte. Alles war bereit, die Waffe stand geladen in der Ecke, der Rucksack war aus dem Weg geräumt, das 8x56 Dachkant baumelte am Genick, der Hut saß auf den Ohren, und ich kann mir gut vorstellen wie der Waidmann der Dinge harrte, die da kommen mochten. Es war noch nichts los, also Zeit in sich zu gehen. Wir kennen das, eben jenes halbe Stündchen nach dem Einrichten am Stand, wo Ruhe einkehren soll. Da sieht man förmlich wie die imaginären Urahnen alter Keiler am Waldrand die Teller aufstellen, zurücksetzende Hirsche erhaben über das Tal äugen, und weise Böcke Chef spielen.

Dann gab es einen sanften Ruck, der alte Rosthaufen unter der Kanzel schien sich dem Wind entgegen zu drücken wollen. Die Hände unseres Waidmanns spielten noch ein paar Sekunden ganz von alleine mit der Wildbeobachtungslampe als ihm der „Fehler im System“ wie Eichenlaub vom Hute fiel – der Wind kann es nicht gewesen sein, es war quasi windstill. Nur eine Windböe vermag den Ansitz in derartige Schwingungen zu versetzen. Er lehnte sich in der engen Hütte aus dem Fenster der Tür, und drückte den Schalter am hinteren Ende der Taschenfunzel - Potz grüner Blitz – zwei riesige Katzenaugen blickten ihm entgegen! Licht aus, Kopf rein, durchatmen! Zwei Sekunden später - noch einmal geleuchtet, da konnte mein Waldfreund nur noch sehen wie im grünen Licht Meister Pinselohr am Wiesenrand verhoffte, bevor er ruhig und geschmeidig im Wald verschwand. Diesen Luchs hatte der Jäger schon letztes Jahr ein paar Mal via Wildkamera bannen können, und es ist auch bekannt, dass sich der Gefleckte hier gern mal lümmelnd auf einsam gelegenen Drückjagdböcken ausruht. Aber so nah rechnete nun wirklich keiner mit dem Kulturflüchtling, und so nah hat ihn hier auch noch niemand bei uns erlebt.

Jagd - immer wieder ein unglaubliches Abendteuer!


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