Mehrfach wurde nach den Unterschieden zwischen eher günstigeren oder teureren Produkten gefragt – wo muss man Abstriche machen und wie erklären sich die Preisunterschiede?

Zielfernrohre unterteilen sich ganz grob in vier verschiedene Segmente: Hochpreisige Produkte, die von Herstellerseite quasi als Flagschiff ihrer Produktlinien präsentiert werden, ein solides Mittelpreissegment von Produkten, die hohe Qualität bei bewährter Funktionalität bieten, und ein unteres Preissegment, mit dem vor allem Einsteiger bei der Erstausstattung angesprochen werden sowie und ein ganz niedriges Preissegment, das vor allem auf dem amerikanischen Markt großen Anklang findet und hier nicht näher betrachtet wird.

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Segmenten liegen zum einen in den Spezifikationen, zum anderen im Ort der Fertigung und teilweise auch der Qualität.

Bezüglich der Spezifikationen finden sich schon deutliche Preisunterschiede zwischen den Produkten eines Herstellers. Dies lässt sich dadurch begründen, dass beispielsweise die mechanische und optische Komplexität des Systems schon von einem 4x Zoom zu einem 5x Zoom steigt: Ein 5x Zoom hat gegenüber einem 4x Zoom eine zusätzliche Linse im Umkehrsystem, die gefertigt, gefasst, gereinigt und eingebaut werden muss.

Ein 8x Zoom mit einem diffraktiven Absehen stellt wiederum ganz andere Anforderungen an die Fertigung und die Zukaufteile als ein 5x Zoom. Die Fertigungstoleranzen werden enger, die Justage empfindlicher, die Reinigung deutlich schwieriger, da kleinste Partikel stark vergrößert werden.

Dieser Mehraufwand, multipliziert mit betriebswirtschaftlichen Skalierungsgrößen wie beispielsweise der Umlage der Gemeinkosten, wird natürlich auch im Preis an den Kunden weitergegeben.

So entstehen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Linien eines Herstellers.

Die Qualität dieser Produkte - vorausgesetzt, die Fertigung findet am gleichen Ort statt – ist dabei gleichbleibend gut, unabhängig vom Preis.

Der zweite Unterschied liegt in den Fertigungskosten. Ein Produkt „Made in Germany“ ist in der Regel teurer als ein Produkt „Assembled in Germany“, was wiederum teurer ist als ein Produkt, das „Made in China“ ist.

Europäische Zielfernrohrhersteller sind üblicherweise zertifiziert nach ISO 9001 und müssen bei der Herstellung klare Vorschriften im Hinblick auf Abläufe und Prozesse einhalten. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklungsabläufe, die klar strukturiert im Handbuch vorgeschrieben sind, aber auch die Fertigungsschritte, die verschiedenen Prüfungen unterliegen und die Aufgaben der Qualitätssicherung im gesamten Entwicklungs- und Fertigungsprozess.

Eine solche Struktur kostet Geld und bringt ein Mehr an Qualität. Ebenso sind die Lohnkosten für die Fertigung entsprechend hoch, da zum Beispiel viele deutsche Firmen ihre mittel- und hochpreisigen Produkte komplett im eigenen Werk fertigen. Man bekommt dann nicht nur ein Produkt „Made in Germany“, sondern auch heute noch eine echte hochqualitative Handarbeit, die ihren Preis hat.

Werden Teile der Produkte im Ausland vormontiert, so bedeutet das aber nicht zwangsläufig, dass die Qualität schlecht ist – der Preisunterschied wird vor allem durch die niedrigeren Lohnkosten zustande kommen, während die Kontrollen der Produkte durchaus nach herkömmlichem Standard erfolgen können.

Ähnliches gilt für funktionale Qualitätskriterien. Wiederholgenauigkeit, Schussfestigkeit, Lebensdauer, um einige Beispiele zu nennen, hängen in erster Linie von der technischen Konzeption und der Fertigungsstabilität des Produktes ab. Viele europäische Optikhersteller greifen hier auf ein fundiertes Know-How zurück und bringen fertig entwickelte, serienreife Produkte in den Markt, die zuvor schon viele interne Tests bestanden haben. Die Funktionalität entsprechend den Spezifikationen ist damit sichergestellt und die Streuung der Bewertungskriterien über die Serie ist entsprechend gering. Eine solche Entwicklung dauert bis zu mehreren Jahren und ist entsprechend kostenintensiv. Diese Kosten schlagen sich natürlich auch im Preis des Produktes nieder.

Pauschal kann man also über die genauen Unterschiede und Abstriche von günstigeren Produkten gegenüber teureren Produkten keine Aussage treffen, da hier viele verschiedenen Faktoren eingehen, sondern muss sich von Fall zu Fall das jeweilige Produkt genauer ansehen und sollte verschiedene unabhängige Testberichte dazu ansehen.

Foto: Finn Marquardt


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