Doch ich konnte den Keiler einfach nicht vergessen, Ihnen ginge es sicher nicht anders. Wann treffe ich so einen Keiler wieder, treffe ich SO einen überhaupt wieder? Sicher ist, dass man nicht nur abwarten und nachdenken sollte, sondern seinem Glück etwas auf die Sprünge helfen sollte. Genau das hatte ich im Kopf, als ich in der kommenden Woche wieder in diesem Revier bei einer Ansitzdrückjagd war und mich mit meinem langjährigen Jagdfreund, dem Jagdleiter dieses Revieres, unterhalten habe. „Wäre es irgendwie möglich diesen Keiler frei zu bekommen?“ fragte ich ihn. „Na klar!“ antwortete er sofort und erzählte mir, dass ein anderer Jagdgast in diesem Jahr auch schon einen starken Keiler erlegt hat. Er kam mit dem Pirschführer zur Kirrung, wo der Starke schon genüsslich vor sich hin wühlte – auf nur wenige Meter konnte er ihn erlegen. Der Keiler wog 150 kg aufgebrochen.

Die Jagdsaison geht weiter und in einer Woche werde ich wieder in diesem Revier sein – alle nötigen Unterlagen waren vorbereitet und ich konnte meine Jagderlaubnis im Forstamt abholen. Die dortigen Förster, die nach einigen Jahren meine Jagdfreunde geworden sind, lachen und fragen mich, wie ich es plane, den Keiler zu erlegen. Nebenbei berichteten sie mir, dass ein sehr starker Keiler diese Woche sogar tagsüber gesichtet wurde.

Es ist 15 Uhr als ich das Forstamt verlasse. Ich plane zuerst auf Rotwild zu pirschen. Am Abend soll auch mein Jagdkumpel Martin, bei dem ich schon mal auf Keiler gejagt habe, kommen. Dann können wir beide in der Nacht auf Schwarzwild ansitzen, ich vielleicht auf einen Keiler. Martin hat schon ein paar Mal auch auf dieser Wiese einen starken Keiler in Anblick bekommen. Also warum sollte er nicht dieses Mal vor meine Büchse kommen?

Zeitlich schaffe ich es nicht, den Ofen in der Jagdhütte einzuheizen, was ich sicherlich später bereuen werde, wenn ich durchgefroren Heim komme. Ich parke mein Auto also am Fuß eines Gipfels, bei dem ich zu pirschen beginne. Blauer Himmel mit ein paar Wolken und die schon niedrig stehende Sonne begrüßen mich, als ich das Auto verlasse und mich auf die Pirsch mache. Vor paar Tagen hat es hier geschneit und die meisten Bereiche im Wald sind mit ein paar Zentimetern Schnee bedeckt. Die Pirsch ist nicht leicht – aufgetauter und wieder gefrorener Schnee macht jeden Schritt zu einer lauten Warnung: Achtung, der Jäger ist da! Ich pirsche immer einige Meter und bleibe dann für eine Weile stehen. Langsam führt mich der Forstweg zur Spitze dieses Berges – dort befindet sich ein großer Kahlschlag, wo ich mich entscheiden werde, in welcher Richtung ich dann weiter pirsche. Wenn ich bei dem Kahlschlag bin, bietet sich mir ein wunderschöner Anblick auf den mit Schnee bedeckten Kahlschlag – der Sonnenuntergang taucht alles in goldene Farben. Einige Minuten genieße ich diesen Moment und mache mich dann weiter.

Ich pirsche auf einem Forstweg, doch das ist eindeutig zu laut. Also entscheide ich mich von diesem Weg runter, wieder ins Tal, zu gehen. Auf einmal sehe ich drei Stück Rehwild, die im Rand eines Jungbestands stehen. Ein junger, guter Bock, eine Geis mit ihrem Kitz. Das Kitz scheint schwach zu sein, also entscheide ich mich, es zu erlegen. Leider steht es immer hinter Ästen – es ist nicht weit, meine 9,3 hätte sicherlich keine Probleme damit, ich entscheide mich aber gegen einen Schuss. Der Wind dreht langsam und die Stücke bekommen Wind. Weg sind sie, Gott sei Dank ohne zu schrecken.


Laden...