Liebe Leserinnen und Leser,
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,



die Zeit der Gesellschaftsjagden hat begonnen und damit erwachen auch die letzten Alleswisser, Waidmannsbeauftragten und Lehrmeister. Mich beschäftigt immer wieder, wie eine so kleine Gemeinschaft so unterschiedliche Ansichten haben kann. Wie sie sich wegen Nichtigkeiten bis auf das Blut streiten und beleidigen kann und Neid oft der präsenteste Begleiter dieser Personen ist.

Wir alle mögen ein wenig andere Vorstellungen, Erfahrungen oder Kenntnisse haben, aber es kann doch nicht sein, dass nur einer das Wissen über die Schweißarbeit oder Drückjagdausrichtung mit in die Wiege gelegt bekommen hat und alle anderen offensichtlich und eindeutig ein Brett vor dem Kopf haben.
Ein ganz beliebtes Wort der deutschen Jäger, ja fast schon eines meiner Lieblingswörter, ist die Waidgerechtigkeit. Was aber ist das? Haben wir eine Definition, die in Stein gemeißelt ist, nach der wir uns richten müssen? Laut einer Position des Deutschen Jagdverbandes im Jahre 2000 bedeutet es lediglich, dass die Jagd fachgerecht ausgeübt wird. Heute sprechen wir von drei Aspekten, ich zitiere hier die Position des DJV: „Der Tierschutzaspekt betrifft die Einstellung des Jägers zum Tier als Mitgeschöpf, dem vermeidbare Schmerzen zu ersparen sind. Der Umweltaspekt fordert vom Jäger die Einbeziehung der Umwelt in ihrer Gesamtheit in sein Denken und Handeln. Der mitmenschliche Aspekt betrifft das anständige Verhalten gegenüber anderen Jägern sowie der nicht die Jagd ausübenden Bevölkerung.“ Eigentlich ist damit doch alles gesagt, oder? Wenn wir uns an diese Dinge halten würden, gäbe es doch keinerlei Grund für endlose und unter allem Niveau geführte Diskussionen. Doch, denn die Auslegung eines jeden von uns ist anscheinend mehr als unterschiedlich. Dabei muss es doch egal sein, ob ein Tier auf der rechten oder linken Seite liegt, ob der Hirsch ein Jahr zu jung oder alt war oder der Bruch ein Gänseblümchen ist und kein Eichenlaub. Das sind doch wirklich völlig unwichtige Dinge, über die sich keiner aufzuregen braucht.

Viel schlimmer finde ich die Leute, die jedes erlegte Stück auf welche Art und Weise auch immer verbreiten müssen. Ist es heutzutage so wichtig ein Waidmannsheil, „Like“ oder „Daumen hoch“ zu bekommen? Unästhetische und mit wirklich keinem Respekt vor der Kreatur gemachte Bilder ins „Netz“ zu stellen, bringt demjenigen und den Betrachtern genau was? Ich weiß es nicht. Mir nichts, und Ihnen? Meist fragende und verständnislose Kommentare sind die Konsequenz, diese werden dann mit Beleidigungen oder Neidzusprechungen abgetan. Über sich oder das eigene Verhalten, den eigenen Antrieb nachzudenken kommt überhaupt nicht in Frage. Vielleicht sollte jeder von uns ab und an mal in sich gehen und seine eigene Definition von Waidgerechtigkeit überdenken und zum einen überlegen, ob er dieser Definition, dieser eigenen, denn immer treu ist und zum anderen, ob man dem Gegenüber nicht ein wenig Abweichungen zugesteht. Denn jeder sollte seine eigene Vorstellung und Prinzipien haben, diese sollten aber unter dem Aspekt der Allgemeinheit, Gemeinschaft und nichtjagenden Bevölkerung nicht nur vertretbar, sondern auch lebbar sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Waidmannsheil und angenehme Jagdkumpanen,

Ihre
Alena Steinbach


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