Vorliegend bestehe jedoch überhaupt kein Risiko für die Allgemeinheit, da zum einen die den Verurteilungen zugrunde liegenden Taten einige Jahre auseinander lägen. Zum anderen habe er in beiden Fällen keine großen Verletzungen verursacht und sich letztlich sogar aufrichtig bei der Geschädigten Nicole entschuldigt. In keinem der beiden Fälle habe er Schusswaffen mit sich geführt und oder gar eingesetzt.

II.

Das zuständige Verwaltungsgericht Sigmaringen, Beschluss vom 24.10.2019, Az. 8 K 3941/19, wies Bernds Eilantrag als unbegründet ab.

Das Verwaltungsgericht arbeitete die zu klärende Hauptproblematik heraus, nämlich:

„(…) Der Antragsteller wurde unstreitig zweimal wegen einer vorsätzlichen Straftat (vorsätzliche Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung; vorsätzliche Körperverletzung) zu einer geringeren Geldstrafe als 60 Tagessätze (50 und 55 Tagessätze) rechtskräftig verurteilt. Seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung (10.04.2019) sind auch noch keine fünf Jahre verstrichen. Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich, ob die erste Verurteilung des Antragstellers im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 28.08.2019 – wie vom Antragsgegner angenommen – noch berücksichtigt werden durfte oder ob in diesem Zeitpunkt – wie vom Antragsteller vertreten – zu seinen Gunsten das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG greift. (…)“

Und weiter auszugsweise:

„(…) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nach § 51 Abs. 1 BZRG nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. Dieses Verwertungsverbot gilt auch für den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse (…). Das Verwertungsverbot greift demnach nicht nur in Folge einer erfolgten Tilgung, sondern auch im Fall der Tilgungsreife (…).“

Zudem erläuterte das Verwaltungsgericht:

„(…) Anders als zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung durch das Landgericht lagen die Voraussetzungen des Verwertungsverbots zum – hier maßgeblichen – Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung aber nicht (mehr) vor, denn die vorausgegangene Verurteilung war am 28.08.2019 – zu Recht – weder getilgt noch tilgungsreif. Die Tilgungsfrist beträgt vorliegend nach § 46 Abs. 1 Nr. 1a BZRG fünf Jahre ab dem Tag des ersten Urteils (§§ 47 Abs. 1, 36 Satz 1 BZRG) mit der Folge, dass hinsichtlich der Verurteilung durch das Amtsgericht, die am 02.12.2013 rechtskräftig wurde, gem. § 45 Abs. 1 WaffG zunächst am 02.12.2018 Tilgungsreife eingetreten war.(…)“

Das Verwaltungsgericht betonte jedoch, dass zum Zwecke der Sicherheit der Allgemeinheit:

(…) eine zu tilgende Eintragung gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG erst ein Jahr nach Eintritt der Tilgungsreife aus dem Register entfernt wird. Diese sog. Überlegefrist soll verhindern, dass eine Verurteilung aus dem Register entfernt wird, obwohl vor dem Eintritt der Tilgungsreife eine neue Verurteilung ergangen ist, die aber erst nach Eintritt der Tilgungsreife der Registerbehörde mitgeteilt wird. Damit soll gewährleistet sein, dass keine vorzeitige Tilgung aufgrund fehlender Informationen erfolgt (…)“

Einen solchen Fall nahm das Verwaltungsgericht schließlich auch an und schloss sich konsequenterweise der Ansicht Bernds - wonach auf den Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verurteilung abzustellen sei, und eben nicht erst auf die Verurteilung durch die Berufungsinstanz – nicht anschließen. Das Verwaltungsgericht berief sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, Urteil vom 17.10.1972, - 1 StR 423/17 -, Rn. 13:

Demnach

(…) steht eine neue Verurteilung dem Eintritt der Tilgungsreife einer vorausgegangenen Eintragung entgegen, wenn sie vor Ablauf der Tilgungsfrist verkündet worden ist. (…)“

Es komme zwar auch nicht – wie Bernd und sein Rechtsanwalt dies zutreffend vertraten - auf die Rechtskraft einer Entscheidung an, da diese u.U. aufgrund des Rechtsmittelweges erst mehrere Jahre später eintreten könne. Im Ergebnis ändere dies aber auch nichts am Ausgang des Rechtsstreits zu Gunsten von Bernd. In Bernds Fall ist daher hinsichtlich des Verkündungstermins auf das erstinstanzliche Urteil vom 08.10.2018 abzustellen.


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