Seelig geht es erst zur Kühlzelle und dann ohne Umwege in die Küche. Bis spät in die Nacht wurde geschnattert, gegessen – natürlich – und getrunken. Was ein erinnerungswürdiger Abend! Am nächsten Morgen stand nur die eiserne Sabine auf.

Es gab nun erste Ausfälle, Carola und Steffi mussten ihre müden und geschundenen Kniee schonen und wachten über die Heimatfront, während wir auch nur eine kleinere Runde mit den Pferden drehten. Mein Labrador, eine Bracke von Sabine und der Drahthaar von Katja liefen übrigens immer fleißig neben uns her, die haben sich auch umgeguckt bei diesen Touren.

Am Abend tauschten wir wieder die Plätze durch, Nicola und ich bezogen einen Schlaferdsitz. Nicola sollte hier ihr erstes Stück schießen, hier war die weiteste Entfernung 200 m, auch wenn sie da nicht hingeschossen hätte, war das doch eine deutliche Eingrenzung. Nachdem wir alle losgeschickt haben und wir uns gemütlich eingerichtet haben, das erste Damwild da und auch gleich wieder weg war. Rief Katja völlig verzweifelt an, weil sie ihren Sitz nicht findet. Standort, Verwechslungen und Missverständnisse machten sie völlig kirre. Der eindeutige Hinweis war: Es ist eine Kanzel ohne Kanzel, es steht nur noch das Gestell. Eigentlich eine deutliche Ansage. Gerade in dem Moment, wo sie freudig in ein Bild in die Gruppe schickt mit lachendem Smiley und der Aussage „gefunden!“, entdecken Nicola und ich sie 50 m neben uns. Bei uns stand nämlich auch so ein Sitz. Ich rief sie an und bin fast zusammengebrochen vor Lachen. Die Freude aus ihrem Gesicht verschwand und genervt stampfte sie zurück. Kurz bevor sie sich bockig, wie ein kleines Kind an einen Baum gestellt hätte und gar nichts mehr gemacht hätte, fand sie ihn zum Glück doch noch. Dann hörten wir sogar die Rothirsche von der anderen Seite des Landgrabens melden, die Kraniche natürlich auch immer wieder. Herrlich. Plötzlich unterbrach ein Schuss die Stille und kurze Zeit später konnten wir uns alle mit Carola freuen, die einen braven Bock erlegt hat. Dazu sei gesagt, dass sie nun das sechste Mal mit mir jagen war und sie nun endlich Glück hatte.

Als bei uns wieder Ruhe eingekehrt war, kam uns ein passender Bock. Nicola machte sich fertig und hatte das erste Mal das Erlebnis etwas schießen zu können und dürfen und das langte ihr dann auch für den Abend - verständlich, wenn man sich an sein erstes Stück erinnert, die Aufregung, Gefühle, Unsicherheit... Wir hatten aufgrund des Lichtes nicht mehr allzu viel Zeit und als sie sich entschloss nicht mehr zu schießen, sagte ich ihr, dass sie dann doch die 8 Hirsche angucken soll, die gerade auf der anderen Seite aus dem Wald zogen. Ein ehrfürchtiger Anblick, angeführt wurde die Truppe von einem starken, alten Damhirsch. Hinter ihm zog ein Stück Kahlwild. Nein, das ist nicht möglich in einem Hirschrudel und mit der Masse. Ich wartete, bis sie etwas näher dran waren und konnte sehen, dass es ein Doppelkopf sein muss. Also letztes Jahr seine Knöpfe nicht verloren hat und dieses Jahr neue Spieße durchgeschoben hat. Ein perfekter Abschusshirsch und kurze Zeit später konnten Nicola und ich uns über diese wahrscheinlich einmalige Trophäe freuen. Als wir gerade mit dem Aufbrechen anfangen wollten, raschelte es neben uns. Ein Anheben der Taschenlampe verriet eine Bache mit 8 starken Frischlingen 25 m neben uns. Sie schauten uns interessiert zu und zogen nur langsam wieder in den 80 m entfernten Wald zurück. Unsere Waffen waren natürlich auf dem Sitz. Ich überlegte kurz, ob ich meine schnell holen sollte, das wurde aber mit einem „du lässt mich hier nicht alleine“-Blick von Nicola unterbunden und überhaupt, wie groß war schon die Chance... Wir brachen also auf, plötzlich hörte Nicola wieder etwas rascheln, leuchtete hoch und siehe da, da stand die Mannschaft an gleicher Stelle wieder. Ich war so froh, dass ich eine Zeugin hatte, das hätte mir doch sonst keiner geglaubt. Die Blicke der Borstentiere schienen mir dieses Mal fordernder zu sein. Anscheinend hat man sehnsüchtig auf den Aufbruch gewartet. Kopfschüttelnd beendeten wir die rote Arbeit und warteten auf unser Taxi. Wieder hallte das Horn von Sabine durch die dunkle Nacht und wieder brauchte keiner etwas sagen...


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