Der Plan für unsere Pirsch ist klar – zuerst pirschen wir nach unten zur Oder, dann über einen Hügel zurück, gerade zu dem Kahlschlag, wo der Bock gesichtet wurde. Unglaublich, wie sich die Gegend hier geändert hat – wir waren hier zuletzt im Dezember und jetzt? Da fehlen wieder riesige Waldflächen, wo der Borkenkäfer wieder zugeschlagen hat. Langsam und vorsichtig pirschen wir bergrunter, links ist eine Verjüngung, rechts nur Reste von einem Fichtenbestand. Wir sind fast unten auf dem Forstweg, als ich vor uns im Gras etwas sehe. Ein Rotwildalttier mit seinem Kalb und einem Spießer. Leider haben wir schlechten Wind und sie springen gleich ab. Naja, ein paar Fotos haben wir machen können. Weiter geht es, steil bergauf! „Papa, ich mag dieses Gelände nicht,“ kommentiert mein Junior unseren Aufstieg. Ein paar Schritte noch, dann sind wir hoch genug, dass wir unten zur Oder und auf den Hang gegenüber von uns sehen können. „Schau vor uns,“ gibt mein Junior klares Signal. Ja! 10, nein, 13 Stück Rotwild. Alles Tiere und Kälber. Und auf einmal taucht ein guter Hirsch hinter den Stücken dazu auf. Und dazu… wir hören starkes Krachen unter uns – ein weiterer alter Hirsch hat wahrscheinlich Wind bekommen und quert gerade den Fluss. So eine wunderschöne Szenerie vor uns… Sie können sich das gar nicht vorstellen...

Wir möchten ja aber schauen, ob wir den alten Bock in Anblick bekommen, dann müssen wir weiter gehen. Wir pirschen auf einem schmalen Forstweg durch einen Jungbestand und sind kurze Zeit später bei dem Kahlschlag. So ein trauriges Bild vor uns – in dieser Gegend haben wir einige Jagderlebnisse erlebt. Und nun ist hier nur noch Leere. Hektar über Hektar. Aus meinen Gedanken weckt mich Vojta: „Papa, Rotwild vor uns,“ Ja, genau, 300 m vor uns ist ein Hirsch mit ein paar Stück Kahlwild. Aber da stimmt was nicht! Eine Gais ist dabei und sie ist nicht alleine. Der alte Bock ist auch mit von der Partie! Was nun? 300 m offenes Gelände vor uns, das geht nicht. Wir müssen nach unten, wo wir hinter einem Hügel versteckt sind. Und dann von unten direkt durch den Kahlschlag zu dem Bock. Es gibt ein paar Bäume dazwischen und auch höhere Gebüsche, hinter denen wir versteckt bleiben können. Soweit so gut, Vojta und Pavel bleiben aber hier stehen und ich pirsche alleine weiter. Langsam, nur mit meinem Dreibein. Ich muss sehr vorsichtig sein, weil das Rotwild noch dabeisteht und 100 Lichter hat. Nach einer Zeit schaue ich, wie sich die Situation verändert hat. Das Rotwild ist weg, aber der Bock noch da. Das Gebüsch, das mir zuerst geholfen hat, verdeckt zu bleiben, verhindert mir jetzt, einen guten Schuss abzugeben - irgendetwas ist ja immer. Mit meiner 6,5 wäre es zu riskant, durch die Äste zu schießen. Der Bock wartet aber nicht und zieht von mir weg. So langsam und vorsichtig, wie es nur geht, pirsche ich hinter ihm her. 10, 20 m… Dann stelle ich mein Dreibein auf. Wo ist die Gais? Die sehe ich hier nirgendwo! Kratsch! Ein Ast bricht, als ich auf ihn steige. Der Bock nimmt mich gleich wahr. Ich habe den Bock im Zielfernrohr, doch es sind immer noch Äste vor ihm und jetzt schreckt auch noch die Gais, die ich nicht sehen kann. Der Bock wartet nicht und springt ab. Bald verswindet er im Gebüsch. Langsam gehe ich zurück. „Ich zittere immer noch,“ sagt Vojta, als ich zurückkomme. Kein Problem, so einen schönen Abend in diesem Revier zu verbringen, ist immer ein Genuss, auch ohne Waidmannsheil! Auf dem Weg zur Hütte sehen wir wieder viel Wild – zirka 10 Stück Rotwild, 2 Rotten Wildschweine und Damwild. Es heißt schnell schlafen, weil der Wecker um 3:30 Uhr klingelt - grausam.


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