Neulich hatte ich mich ganz besonders tief der Gesamtheit meines Daseins hingegeben und das leise Zähneklappern von rechts wohl überhört. Mein Hund witterte aber reiche Beute und wollte um Himmels Willen seine Olle wecken. So kniff er mich kurzer Hand, mit all der Liebe die er aufbringen konnte, in den Arm. Wie schlau er auch ist, nicht in die Hand zu beißen, denn diese benötige ich ja zum Schießen und Aufbrechen. Lange Rede kurzer Sinn, wir gingen mit 2 Kitzen von dem Ansitz nach Hause, guter Hund!

Erlebnisse dieser Art gibt es viele. Ich kann mich immer auf Rudis Urteil verlassen. Ich weiß das. Eigentlich. Eigentlich ist eine Einschränkung. Das letzte Ansitz-Reh dieses Jagdjahres sollte mir wieder einmal eindrucksvoll veranschaulichen, wie sehr ich mich auf den Hund an meiner Seite verlassen kann. An einem sehr kalten Donnerstagabend saßen wir in unserem Pirschbezirk und hofften den Kitzabschuss erfüllen zu können. Aufgrund der Witterung ließen wir die Meute im heimischen Wohnzimmer zurück. Nach einer gefühlten Ewigkeit, schon erfrierenden Gliedmaßen und dem Wunsch nach einer Beißschiene, die das Zähneklappern unterbinden sollte, stand wie aus dem Nichts eine Ricke mit ihren 2 Kitzen auf dem Weg. Wo kamen die her und warum von dieser Seite? Aufgrund der Schneelage im Wald war ich mir sicher, ich würde jegliches anwechselnde Wild bereits Kilometer im Voraus hören. Mein Gebiss hatte wohl zu laut geklappert. Nun denn. Eingerichtet hatte ich mich zur anderen Seite, also in Zeitlupe das Gewehr zur anderen Seite raus, natürlich nicht ohne nochmal sehr effektvoll am Holm anzuschlagen. Ach ja, da war ja was, ich hatte eine Waffe zum Testen dabei und diese war länger als die eigene. Die Ricke warf auf und sicherte, ich erstarrte in einer Körperhaltung, für die ich bei jedem Akrobatikfestival den Siegerpokal samt Ehrenband und Schärpe bekommen hätte. Die Ricke wandte sich ab und zog weiter den Weg hinauf in meine Richtung. Meine Sitzposition war eher suboptimal, aber es geht schon. Eines der beiden Kitze stand links allein am Wegesrand und zupfte an dem Schnee ragenden Brombeerblättern, Ricke und zweites Kitz standen etwas weiter vorn auf der anderen Seite vom Weg. Der Plan war geschmiedet. Der Schuss auf das einzelne Kitz links brach, ich sah wie das beschossene Kitz in die Dickung links absprang und die Ricke mit dem zweiten Kitz nach rechts flüchtete. Kurz gewartet, dann aufgrund der fortschreitenden Dämmerung runter vom Sitz und zum Anschluss. Wie toll, ich fand Schnitthaar, etwas Schweiß und Knochensplitter… Das hatte ja sauber funktioniert. Stinkwütend über mich selbst rief ich bei Philipp an, meldete den Schuss und die Pirschzeichen und das er mich bitte holen solle, damit wir mit Rudi nachsuchen könnten. Gesagt getan. Rudi am Anschuss angesetzt, ihm erzählt was passiert war, dann das Kommando gegeben und nach links gedeutet. Er untersuchte den Anschuss, umschlug diesen und weil ich ja ein ach so hervorragender „Teckelführer“ bin, habe ich meinem Hund die Entscheidung mal eben abgenommen und ihn gleich links vom Weg ins Dickicht gehoben. Sehr verhalten und irgendwie planlos suchte der Hund vor sich hin, kam zum Weg zurück und zog dann in die Richtung, in der die Ricke mit dem anderen Kitz abgesprungen war. Ich schimpfte Rudi, dass er sicher zu blöd war und er solle gefälligst nicht die gesunden Rehe suchen, sondern das kranke. Gleiches Spiel nochmal, ich schicke ihn links rein, er sucht sich den Weg zurück, zieht nach rechts. Meine Schlagader in der Mitte der Stirn steht etwa handbreit raus, Tendenz steigend. Philipp ist ganz gelassen und sagt, ich solle doch meinem Hund vertrauen, das würde ich doch immer predigen, dass der Hund immer Recht habe… Dünnes Eis, sehr dünnes Eis. Ich übergebe den Schweißriemen und zicke ihn an, wenn er der Cesar Milan Bayerns sei, könne er das bitte jetzt sofort unter Beweis stellen! MEIN Hund wird sicher nicht mit ihm suchen. Er lächelt, nimmt den Riemen, sagt zu Rudi, „Mutti ist „zwider“, ich gehe mit Dir“.


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