Das für das Berufungsverfahren zuständige Oberlandesgericht Zweibrücken (Urteil vom 29. Januar 2016 – 2 U 82/12) urteilte sodann, dass der Arbeitgeberin gegen Timo ein Anspruch aus Tierhalterhaftung (§ 833 Bürgerliches Gesetzbuch) zusteht, der per cessio legis (gesetzlichem Forderungsübergang) in dem durch §§ 6 Entgeltfortzahlungsgesetz, 412, 399 ff. Bürgerliches Gesetzbuch bestimmten Umfang auf die Arbeitgeberin von Elias übergegangen ist.

Das Oberlandesgericht Zweibrücken schloss sich dabei der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts an, dass allein der Hundebiss ursächlich für die Arbeitsunfähigkeit von Elias gewesen sei und kein anderer Grund nur annähernd in Frage komme. Dies habe das eingeholte Gutachten zweifelsfrei ergeben. Fernerhin stellte das Oberlandesgericht Zweibrücken klar, dass sich Timo nicht auf den Haftungsausschluss gem. §§ 104, 105 SGB VII berufen, weil die Verletzung gerade nicht im Rahmen einer Jagd erfolgt sei.

Dies deshalb nicht, weil Timo als Jagdgast gem. § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherungsfrei gewesen sei.

„(…) Er sei aufgrund der Durchführung der Nachsuche auch nicht als „So-wie-Beschäftigter“ von Elias im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu behandeln.(…)“

Dies läge u.a. daran, dass die Nachsuche durch Timo in eigener Initiative erfolgt sei und Elias ihn lediglich habe gewähren lassen. Außerdem stelle sich grundsätzlich die Frage, ob es sich bei der von Timo geleisteten Arbeit tatsächlich um eine „fachgerechte Nachsuche“ nach dem Landesgesetz Rheinland-Pfalz gehandelt habe, da Timo nachweislich kein anerkannter Schweißhundeführer sei. Diese Frage sei in vorliegendem Fall jedoch nur nachrangig gewesen, da nach Auffassung des Oberlandesgerichts Zweibrücken bereits aus einem anderen Grunde kein Haftungsprivileg von Timo in Anspruch genommen werden konnte. Zwar habe Timo einen Versicherungsfall einer ihrerseits gesetzlich unfallversicherten Person – Elias - herbeigeführt (§§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 123 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII). Seine Haftung sei jedoch nicht durch eine betriebliche Tätigkeit innerhalb desselben Betriebs verursacht.

„(…) Betriebliche Tätigkeit im Sinne des Gesetzes ist eine Tätigkeit, die dem Verursacher von dem Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, übertragen war oder von ihm im Betriebsinteresse erbracht wurde. Dient die Tätigkeit auch eigenen Interessen des Schädigers, kommt es für die unfallversicherungsrechtliche Zuordnung darauf an, ob die Tätigkeit durch die Wahrnehmung eigener oder fremder Aufgaben geprägt war. Im Zweifel gilt, dass die Wahrnehmung eigener Aufgaben oder Interessen im Vordergrund steht (…). Ausgehend von der die Haftungsprivilegierung rechtfertigenden Funktions- und Gefahrengemeinschaft und dem Grundsatz der innerbetrieblichen Schadensteilung (vergl. dazu Hollo in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 105 SGB VII, Rn. 3) ist ein betriebliches Tätigwerden eines Jagdgastes entsprechend der Regelung des § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen anzunehmen. (…)“

Eine das Haftungsprivileg rechtfertigende Ausnahme mag dann gegeben sein, wenn das konkrete Unfallereignis nicht im Rahmen der eigennützigen Jagdausübung, sondern bei einer nur anlässlich der Jagdausübung ausschließlich im Interesse des Jagdausübungsberechtigten ausgeübten Tätigkeit eintritt, die dessen mutmaßlichem Willen entspricht (…) Jedenfalls eine Nachsuche im Sinne des § 21 LJG (RLP) in der zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses wäre eine alleine den Jagdausübungsberechtigten treffende gesetzliche Verpflichtung.

D.h., eine durchgeführte Nachsuche eines anerkannten Gespanns nach dem Landesgesetz RLP hätte dem mutmaßlichen Willen von Elias zweifelsohne entsprochen. Das Oberlandesgericht Zweibrücken stellte im Rahmen seiner Entscheidung jedoch hervor, dass es aber vorrangig für die Beantwortung der Frage, ob eine Haftungsprivilegierung zum Tragen komme oder nicht,

„(…) maßgeblich stets die Verrichtung ausschließlich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses [sei] (…)“. Nach Auffassung des Oberlandesgericht Zweibrücken war zum Zeitpunkt des Hundebisses die Nachsuche des Jagdgastes beendet. Er hatte seinen Hund abgelegt und befand sich in einem Gespräch. Damit war eine Nachsuche jedenfalls beendet. Für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der bereits beendeten Nachsuche und dem Verhalten des Hundes ist (..) noch sonst ersichtlich. Das Haftungsprivileg greift mithin nicht ein. (…)“

Fazit:

Ein Jagdgast, der im jeweiligen Bundesland kein anerkannter Schweißhundeführer ist, sollte sich gut überlegen, ob er im Falle einer notwendig werdenden Nachsuche seinen Hund anbieten sollte. Denn selbst eine in Absprache mit dem Jagdpächter durchgeführte Nachsuche, bei der der eigene Hund den Jagdpächter durch einen Biss verletzt, führt zur Tierhalterhaftung des Jagdgastes; dies jedenfalls dann, wenn im Zeitpunkt des Hundebisses die Nachsuche bereits beendet war. Das für betriebliche Tätigkeiten im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung bestehende Haftungsprivileg kommt ihm in diesem Fall nicht zugute.

Foto: Michael Grabscheit / pixelio.de


Laden...