Das AG Bad Hersfeld, Urteil vom 02. Mai 2006 – 10 C 448/04, entschied sodann zu Gunsten von Kai. Das Gericht verurteilte Jakob unter Androhung von Zwangsgeld resp. ersatzweise Ordnungshaft zur Unterlassung von Ansitzdrückjagden, im Rahmen derer mit weitjagenden Jagdhunden in seinem Revier auch das angrenzende Revier von Kai mit abgesucht, durchstöbert und Wild hochgeschreckt werde. Zu seiner Begründung führte das Gericht sodann aus: Kai steht ein Unterlassungsanspruch gegen Jakob zu, der widerrechtlich in das Jagdausübungsrecht als sog. absolutes Recht von Kai eingegriffen hat, welches seitens des Klägers nicht zu dulden ist. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob Jakob diesen Eingriff selbst zu verschulden hatte oder nicht. Das Gericht stellte dabei klar:

(…) Insoweit ist das Gericht der Auffassung, dass eine Verletzung des Jagdausübungsrechts bereits dann vorliegt, wenn Jagdhunde anlässlich einer durchgeführten Jagd die Reviergrenze überschreiten. Jedenfalls ist eine Beeinträchtigung dieses Rechtes dann gegeben, wenn ein Jagdhund sich in dem Revier aufhält, weil in diesem Fall davon auszugehen ist, dass ein solcher Hund entsprechend seiner Ausbildung versucht, Wild aufzustöbern und ihm nachzustellen. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich Wild aufgestöbert wird oder nicht. Allein die Anwesenheit eines Jagdhundes kann dazu führen, dass es zu einer Veränderung des Verhaltens des vorhandenen Wildbestandes kommt. (…)“

Kai habe als Jagdausübungsberechtigter des Nachbarreviers diese widerrechtlichen Verletzungen seines Jagdausübungsrechts infolge Überjagungen durch hetzende Hunde auch nicht dulden müssen. Zwar könne man nach den Feststellungen des beauftragten Gutachters nicht grundsätzlich jedwede Durchführung von Ansitzdrückjagden mittels Stöberhundeeinsatz untersagen, da diese aus jagdlicher Perspektive nicht ungeeignet seien. Folglich müsse auch der Reviernachbar grundsätzlich diese Bejagungsform dulden. Der Gutachter gab jedoch im Hinblick auf die hinzunehmende Zumutbarkeit zu bedenken, dass Kai

„lediglich leichte Beeinträchtigungen in einem schmalen Bereich entlang der Grenze durch Hundegebell, Witterung, Wind“ zu dulden gehabt hätte (…)“

Und weiter

„(…) Jagdbetrieb und Lärm sind unvermeidbar, dem Nachbarn aber auch zuzumuten. Solche Einwirkungen gehören zum ordentlichen Jagdbetrieb und müssen vom Nachbarn hingenommen werden, solange die Grenze nicht überschritten wird.(…)“

Die Beweisaufnahme hatte jedoch ergeben, dass eben nicht nur entlang eines schmalen Bereichs der Reviergrenze Überjagungen durch die Hunde zu beklagen gewesen seien, sondern mehrere Hundert Meter weit in das Nachbarrevier hinein; ein Hund habe sogar nahezu das gesamte Nachbarrevier durchstöbert. Dieses Unterfangen müsse Kai nicht dulden.

Das Gericht sah zudem eine Wiederholungsgefahr gegeben, d.h., die begründete Befürchtung, dass Jakob zukünftig weitere Jagden auf die gleiche Art und Weise durchführen werde, so dass ein Überjagen durch Stöberhunde sehr wahrscheinlich sei. Der beauftragte Gutachter stellte dazu fest:

Auch wenn es zwischenzeitlich offensichtlich zu keinen weiteren Beeinträchtigungen gekommen ist, kann aufgrund der Tatsache, dass der Gutachter festgestellt hat, dass bei den durchgeführten Ansitzdrückjagden es sich letztlich nicht 100 %-ig vermeiden lässt, dass es zu Überjagungen kommt, liegt allein darin eine Wiederholungsgefahr.

Allein dann, wenn es Jakob zukünftig unterlassen würde, Ansitzdrückjagden mit Stöberhunden durchzuführen, sei eine Wiederholungsgefahr nicht zu erwarten.


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