Gesagt, getan. Unser Duo war meistens recht pünktlich gegen halb 9 an der Kirrung, so wollten wir etwa eine Stunde vorher die Sitzgelegenheiten beziehen und der Dinge harren. Wir hatten ja nichts zu verlieren, denn wir hatten ja eh keine Ahnung und wenn wir mit unserer Methode keinen Erfolg hatten, würde der Bürgermeister sich bestätigt sehen und alles war gut. Was aber würde er sagen, wenn wir doch Erfolg hätten? Egal, Sandra holte mich ab, gewohnt routiniert wurde das Auto gepackt, auf der Fahrt zu den Klappstühlen sprachen wir kaum. Am Parkplatz angekommen wurden fast lautlos die nötigen Utensilien ausgepackt, geschultert und wir pirschten los.

An den Stühlen angekommen mussten wir feststellen, dass wir eventuell, vielleicht unter Umständen wohl den Mund zu voll genommen haben könnten – also vielleicht… wir saßen ja einfach so rum und die ortsansässigen Mücken waren darüber mehr als glücklich, schien es, als hätten sie die letzten 30 Milliarden Jahre keine Beute gemacht und nun froh über die sich anpreisenden Opfer seien. Dumm, dumm, dumm. Blöd auch, denn wir hätten ja Antibrumm gehabt, nur eben zu Hause. Aber sollten wir hier abbrechen? Nein! Zähne zusammenbeißen, alles was an Haut zu verstecken war, wurde irgendwie den Mücken unzugänglich gemacht. Und es hieß warten. Es wurde acht, es wurde halb neun. Aus dem Rapsschlag in unmittelbarer Nähe zur Kirrung war nichts zu hören. Wo blieben die Herren? Hatten sie uns doch im Wind? Irgendwie war heute der Wurm drin. So äugte ich genervt in der Landschaft umher, als ich den mir so bekannten Ellenbogen in meiner linken Seite spürte. Ein nicken in Richtung Kirrung und da waren sie. Jawoll! Wir sahen nur zwei Würfe, die das Terrain sondierten. Innehalten, stillsitzen, trotzdem atmen, scheiß Mücken, kommt doch da heraus Freunde. Das nächste Geräusch war das eines herannahenden ICE’s. Grundsätzlich kein Problem, das Wild kennt das, aber dieser machte beim Vorbeifahren ein weiteres extra Geräusch, welches da nicht hingehörte und zack! weg waren die beiden. Toll, toll, toll… Richtig toll. Mein zweiter Vorname ist ja Geduld und so war ich drauf und dran, den Ansitz sofort abzubrechen und meine Wunden der blutrünstigen Mücken zu Hause gebührend zu lecken und mich anschließend in Selbstmitleid zu baden. Aber nein, da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht, in diesem Falle Sandra. Sie raunte mir zu, ich solle mich doch bitte beruhigen und gedulden, die kämen schon noch wieder.

Also gut, ich gab den borstigen Vierbeinern genau 30 Minuten, dann würde ich einen Schwächeanfall vortäuschen, eine Blutvergiftung der Mücken haben oder einen Herzinfarkt vor lauter Wut über meine Großkotzigkeit. So saßen wir weiter auf den blauen Klappstühlen und horchten in den dunkler werdenden Abend hinein. Langsam ließ auch das Summen und Brummen der Mücken nach und es war eigentlich ganz schön. Plötzlich standen sie auf der Kirrung. Meine Güte hatte ich Herzklopfen! Sollte ich doch noch einen Infarkt vor Aufregung erleiden? Also zusammenreißen und das Glas bemühen. Schön, alles sehr schön, es sind die zwei Buben. Die Tikka auf den Zielstock aufgelegt und dann warten, dass sich eine passende Gelegenheit ergibt. Immer standen die zwei Überläufer hintereinander, spitz oder hinter dem Baum an der Kirrung. Dann bot sich doch eine Chance. Der Schuss saß, der Überläufer lag und wir glucksten vor Freude.

Mit einem breiten Grinsen dackelten wir die 40 m von unseren Stühlen zum erlegten Stück und freuten uns. Das Telefon klingelte und der Bürgermeister erkundigte sich, ob wir das gewesen seien, er habe es scheppern hören. Sandra teilte mit, dass wir eine Überläuferkeiler erlegt hätten und ihn dann gleich zu Begutachtung bringen würden. Hier wurde das Gespräch unterbrochen.

Wir bargen das Stück und fuhren schweigend nach Hause. Dem Bürgermeister war ein Waidmannsheil zu entlocken, der Abschuss wurde als in Ordnung befunden. Niemals wieder nach diesem Abend stellte der Bürgermeister unsere Methoden in Frage. Danke Sandra, wir sind einfach ein gutes Team.


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