Editorial
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Liebe Leserinnen und Leser,

Angst. Ein Wort, ein Gefühl, dass wir das eine oder andere Mal in unserem Leben spüren. Es ist egal, ob es die Angst vor neuen Herausforderungen im Job ist oder die, die Eltern oft um ihre Kinder haben oder die Angst vor dem langen, dunklen Weg vom Hochsitz zum Auto. Angst ist kein schönes Gefühl, kein schöner Zustand. Einige mögen sagen, sie lässt uns unsere Grenzen überschreiten, uns wachsen, aber wollen und können wir das wirklich?

Angst ist vor allem individuell, wir alle empfinden sie anders. Mal stärker, mal schwächer. Die eine Mutter kann ihre Kinder nie ohne Angst von Zuhause gehen lassen, die andere lässt den Nachwuchs allein in die Grundschule mit dem Fahrrad fahren. Der eine pirscht nächtelang durch Wald und Wiesen, der andere mag noch nicht mal den Gang zum Hochsitz. Uns steht es nicht zu die Ängste anderer zu bewerten oder gar zu verurteilen.

Ich habe unter anderem auch eine politische Angst. Sie ist sicher nicht dauerhaft präsent und lässt meinen Adrenalinspiegel nicht rasant ansteigen, aber sie ist da. Im Hinterkopf und sicher nach den Wahlen präsenter als vorher. Um diese Angst bin ich allerdings froh, denn sie bewirkt, dass ich mich kümmere und interessiere und nicht am Ende völlig geschockt vor vollendeten Tatsachen stehe. Es gibt also durchaus Ängste, die positive Effekte haben. Früher habe ich mit Vorliebe die schlimmsten Thriller und Horrorfilme geguckt, heute tue ich mir das nicht mehr an. Das Leben bringt schon so ausreichend Angst mit sich.

Allerdings gehören natürlich auch die gegenteiligen Gefühle genauso dazu – Erleichterung und Freude zum Beispiel. Von einem kleinen aktuellen Beispiel möchte ich Ihnen kurz berichten. Am Samstag Abend saßen wir in kleiner Runde in einem wunderschönem Revier in Mecklenburg-Vorpommern an. Mein Freund Max und ich teilten uns einen ca. 1,5 km langen frisch gehäckselten Maisacker, an dem es nur so von Damwild wimmelte. Max saß anfangs mit den Hunden im offenen Kofferraum und wollte später auf einen Drückjagdbock wechseln. Ein dusseliges Reh marschierte nach guten 30 Minuten auf kürzeste Entfernung am Auto vorbei. Für den einen Dackel, der andere war mit bei mir auf dem Sitz, und die Bracke war das ihr Startkommando in ihre ganz persönliche erste Drückjagd in dieser Saison. Twix, das Krummbein, kam nach einer guten Stunde wieder, die bunte Bracke war nicht zu bremsen. All der Frust der letzten „jagdfreien“ Drückjagdmonate musste ausgebellt und –jagt werden. Ich mache es kurz, wir beschlossen die Nacht dort zu bleiben. Abwechselnd suchten wir sie mit dem Auto und Wärmebildkameras und hielten am Abhauort Ausschau. Mit jeder Stunde wurde meine Angst größer, meine Überlegungen, was alles passiert sein könnte, schlimmer – es war ein Albtraum. All die, die Ihre Hunde schon einmal Stunden, Tage oder vielleicht auch Wochen suchen mussten, wissen was ich meine. Um 05:30 Uhr wurden wir aus einem kleinen Nickerchen gerissen. Der erlösende Anruf, dass unsere „Professorin“ gesund und munter gefunden wurde. Und da ist dann diese Angst, die binnen einer Sekunde Erleichterung, Freude und Dankbarkeit weicht. Kaum eine Situation kann Angst so schnell verschwinden lassen. Übrigens war sie „schon“ nach sechs Stunden zurück am Platz, brav eingerollt auf der Decke, die wir ihr hingelegt haben. Ein Mitgeher hatte auch mit gesucht und sie dort gefunden, als wir mal wieder eine Autotour machten. Leider hat er die Nummern auf dem Halsband erst am nächsten Tag gesehen...

Ich bin sehr dankbar meine kleine Bracke jetzt gerade schlafend neben mir zu sehen. Es ist nichts selbstverständlich im Leben, vergessen wir das nicht.

In diesem Sinne ein herzliches Waidmannsheil für die ersten Drückjagden
Ihre Alena Steinbach



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